Stadtchronik 19. Jh.

19. Jahrhundert

1802

Mit dem Zwickauer Wochenblatt, gedruckt bei Friedrich Gottlob Höfer, Nicolaiplatz 1, erscheint die erste Zeitung Zwickaus.

1805

Zwickau spürt erstmals die Auswirkungen der Koalitionskriege gegen das napoleonische Frankreich. Nach der Kapitulation der Österreicher bei Ulm und der Niederlage des russischen Heeres bei Austerlitz ziehen im Herbst österreichische und russische Flüchtlinge durch die Stadt. Der sächsische Kurfürst geht ein Bündnis mit Preußen gegen Frankreich ein. Auf dem Weg nach Thüringen machen der sächsische Generalstab und eine Feldbäckerei in Zwickau Halt. Mehrere Tag lagern auf dem Dürren Anger 230 Brot- und Lazarettwagen. Danach bezieht Prinz Louis von Preußen mit seinem Generalstab und  einem Regiment Füsiliere in Zwickau sein Winterquartier.

1806 - 1812

Zwickau ist ständig Truppendurchzügen und Einquartierungen ausgesetzt, die eine große Belastung für die Stadt und ihre Bürger darstellen.Nach der Schlacht von Jena und Auerstedt 1806 hat Zwickau von den Sachsen auferlegten Kontributionen 6.000 Taler zu zahlen.

1810

Am 8. Juni wird der Komponist Robert Schumann geboren.

1812

Am 16. Mai weilt Napoleon mit seiner Gemahlin Marie Louise zu einem Kurzbesuch in Zwickau. Beim Bürgermeister, Hofrat Ferber, nehmen sie ein Frühstück ein. Der Kaiser wird von den Zwickauern mit Glockengeläut, einer Schützenparade und Spalier stehenden Bürgern empfangen.

1813

Dieses Jahr ist ebenfalls von die Stadt belastenden Truppendurchzügen gekennzeichnet.Am 29. Mai gelingt dem preußischen Rittmeister Colomb mit einer kleinen Abteilung Husaren auf dem Brückenberg ein Handstreich gegen einen aus 18 Kanonen, 8 Haubitzen, Munitions- und Fouragewagen sowie 407 Mann Bedeckung bestehenden französischen Artilleriezug, der völlig aufgerieben wird. Die Mehrzahl der Begleitsoldaten wird gefangen genommen und das Kriegsgerät unbrauchbar gemacht.Nach der Völkerschlacht bei Leipzig (18. Oktober) wird Zwickau zum Lazarettstandort für russische und österreichische Truppen. Verwundete Soldaten werden in den Hospitälern und Privathäusern untergebracht. Auf Grund der damit verbundenen mangelnden Hygiene grassiert in der Stadt Typhus.

1822

Auf dem Niederen Anger wird das städtische Armen- und Krankenhaus errichtet.

1823

Der vordere Saal des Gewandhauses wird als Stadttheater genutzt.

1826

Auf dem Schacht „Junger Wolfgang" des Steinkohlenwerkes Kirsch in Oberhohndorf wird die erste Dampfmaschine in Zwickau für die Wasserhaltung aufgestellt.

1827

Am 7. Januar erscheint die erste Nummer der vom Diakonus Magister Karl Ernst Richter herausgegebenen Zeitschrift „Die Biene", die als "Mitteilungen für Sachsen und angrenzende Länder" zum Sprachrohr der liberalen Opposition wird. 1833 wird sie verboten.

1828

Gründung des Polytechnischen Lesevereins. Am 16. November des Jahres eröffnet der Verein die Sonntagsschule für Handwerkslehrlinge und Gesellen.

1831

Am 14. März findet die Wahl von 18 Communrepräsentanten (ab 1834 Stadtverordnete) und 9 Ersatzmännern statt.

1832

Die Allgemeine Städteordnung für das Königreich Sachsen, die die Selbstverwaltung der Städte festschreibt, tritt in Kraft. An die Stelle des Stadtrates aus einem festen Kreis vermögender Bürger treten gewählte Stadtverordnete, die ihrerseits den Stadtrat wählen. Vermögensverwaltung und Haushaltsführung liegen allein in städtischen Händen. Der neue Zwickauer Stadtrat besteht aus zwei besoldeten und sechs unbesoldeten Stadträten. Zum Bürgermeister wird Friedrich Wilhelm Meyer gewählt, der dieses Amt bis 1860 begleitet.

1833

Eröffnung der Allgemeinen Bürgerschule für Knaben und Mädchen, die zunächst in verschiedenen Räumlichkeiten untergebracht ist. 1842 zieht sie in das neue, im klassizistischen Stil errichtete, Schulgebäude in der Schulgasse (heute: Peter-Breuer-Straße).

1835

Mit der Gründung der Kammgarnspinnerei Petrikowsky & Co. in Schedewitz vollzieht sich auch für Zwickau der Übergang von der Manufaktur zur Fabrikproduktion. Zwickau wird der Sitz der Kreisdirektion und des Appellationsgerichtes als neue staatliche Mittelbehörden. 

1837

Mit der Gründung des Zwickauer Steinkohlenbauvereins beginnt die Herausbildung großer Steinkohlenwerke zum effektiven Abbau der Zwickauer Steinkohlenvorkommen entsprechend der damaligen technischen Möglichkeiten. Als weitere große Gesellschaften gründen sich 1840 der Erzgebirgische Steinkohlen-Aktienverein, 1841 die Zwickauer Bürgergewerkschaft, 1847 der Steinkohlenbauverein Niederplanitz und Vorderneudörfel, 1854 der Zwickau-Oberhohndorfer-Steinkohlenbau-Verein, 1855 der Zwickauer Brückenberg-Steinkohlenbau-Verein, 1866 das Steinkohlenwerk Morgenstern in Reinsdorf und andere.

1842

Am 1. Juni wird der erste Hochofen der 1839 gegründeten Königin-Marien-Hütte in Cainsdorf bei Zwickau mit Zwickauer Kohle angeblasen. 

1845

Am 26. April wird die Städtische Sparkasse eröffnet. Am 6. September wird nach zweijähriger Bauzeit die Eisenbahnstrecke Zwickau-Werdau mit Anschluss nach Leipzig in Betrieb genommen. 

1847

Clara und Robert Schumann geben im Gewandhaus ein Wohltätigkeitskonzert „ Zum Besten der Notleidenden im Obergebirge". 

1848

Die revolutionären Ereignisse dieses Jahres haben auch auf Zwickau ihre Auswirkungen.
Am 19. März spricht Robert Blum auf einer Kundgebung auf dem Kornmarkt. Ihm wird das Ehrenbürgerrecht verliehen und er wird zum Vertreter Zwickaus im Frankfurter Vorparlament gewählt.
Am 17. April erfolgt die Neugründung des Bürgervereins, der sich im Herbst aufspaltet in den Vaterlandsverein und den Deutschen Verein.
Am 3. Juli konstituiert sich der Zwickauer Arbeiterverein.
Bei der Niederschlagung von Unruhen am 10. September ist ein Toter zu beklagen.
Auf einer geheimen Versammlung, einberufen vom Gemeinen Fraaß, werden die Forderungen der Soldaten der Zwickauer Garnison nach höherer Löhnung und besserer Verpflegung zum Ausdruck gebracht. Die Militärbehörden verhaften daraufhin Fraaß. Eine aufgebrachte Menge befreit ihn am nächsten Tag gewaltsam aus dem Militärgefängnis.
Bei den Landtagswahlen im November siegt im Zwickauer Wahlbezirk der Vertreter der Vaterlandsvereine.
Die Stadtverordnetenwahl am 28. Dezember entscheidet ebenfalls der radikaldemokratische Vaterlandsverein für sich. Von 27 Sitzen im Stadtparlament erringt er 14.

1849

Entgegen der Entscheidung des sächsischen Königs Friedrich August II. erkennen die Zwickauer Gemeindebehörden die Paulskirchenverfassung an.
Am 4. Mai beteiligen sich mehr als 1000 Menschen an einer Volksversammlung zur Unterstützung des Dresdner Aufstandes.
Unter dem Druck der Menge erhält die Kommunalgarde am 5. Mai den Befehl, den Aufständischen in Dresden zu Hilfe zu kommen. Bei einem Zwischenhalt in Leipzig weigern sich die Kommunalgardisten die Fahrt fortzusetzen, so dass der Zwickauer Rat am 6. Mai ihre Rückholung verfügt.
Am 20. Mai besetzen preußische Truppen die Stadt.
Die Stadtverordnetenversammlung wird aufgelöst. Den aktivsten Mitgliedern des Vaterlandsvereins in den Reihen der Stadtverordneten wird das passive Wahlrecht entzogen. 300 Personen in Zwickau und Umgebung werden strafrechtlich verfolgt. 

1853

Am 27. Februar geht die Gasanstalt am Schlossgrabenweg in Betrieb. Die Zwickauer Straßen werden nachts von 123 Gaslaternen beleuchtet.

1856

Am 29. Juli verstirbt der Komponist Robert Schumann. 

1858

Am 11. Mai wird die Eisenbahnlinie nach Schwarzenberg, die Obererzgebirgische Bahn, und am 15. Mai die Linie nach Chemnitz, die Untere Erzgebirgische Bahn in Betrieb genommen.
Am 31. Juli verursacht ein Hochwaser der Mulde mit einem Pegelstand von 4,61 Metern an der Bierbrücke große Überschwemmungen in der Innenstadt. 37 Häuser werden zerstört. Die Trasse der Schwarzenberger Eisenbahn wird so stark beschädigt, dass der Verkehr bis Oktober ruhen muss.
Der vom Staat erhobene Kohlezehnt wird aufgehoben.

1860

Am 13. September wird Bürgermeister Lothar Streit in sein Amt eingeführt, das er bis 1898 begleitet, ab 1874 als Oberbürgermeister.

1862

Ab 2. April wird der Zwickauer Anzeiger, später Zwickauer Tageblatt und Anzeiger herausgegeben.
Am 13. Oktober wird die Zwickauer Bergschule eröffnet.

1866

Eine Choleraepidemie fordert in Zwickau über 1000 Todesopfer.

1868

Am 5. Oktober wird der Konsumverein Schedewitz gegründet. Er betreibt Filialen in mehrern Zwickauer Vororten und verlagert später seinen Sitz nach Zwickau in die Richardstraße 15 (heute: Kreisigstraße).

1874

In Sachsen wird die Reorganisation der unteren Verwaltungsbehörden abgeschlossen. Aus den bisherigen Kreisdirektionen als Mittelbehörden gehen die Kreishauptmannschaften hervor, denen die Amtshauptmannschaften unterstellt sind. Zwickau ist Sitz der Kreishauptmannschaft und der Amtshauptmannschaft Zwickau. 

1876

Auf dem Delegiertentag sächsischer Berg- und Hüttenarbeiter  am 13. und 14. Mai in Zwickau wird mit dem Verband sächsischer Berg- und Hüttenarbeiter die erste gewerkschaftliche Organisation deutscher Bergarbeiter gegründet. sie existiert bis 1895.

1878

Der Zwickauer Kunstverein weiht sein im Stil des Historismus errichtetes Vereinsgebäude am Marienkirchhof ein.

1879

Bei einem Grubenunglück auf dem Ernst-Julius-Schacht (Brückenberg-Schacht II) kommen durch eine Schlagwetterexplosion 89 Bergleute ums Leben. Als Konsequenz aus diesem Unglück wird eine Schlagwetterkommission eingesetzt und die Sicherheitsbestimmungen verschärft.
Mit der Neuordnung der Gerichtsorganisation in Sachsen zum 1. Oktober 1879 wird Zwickau Sitz eines der sieben Landgerichte und eines der 105 (später 112) Amtsgerichte.

1881

Der Zeugschmied und Feinmechaniker Carl Wolf stellt erstmals eine funktionstüchtige Sicherheitsgrubenlampe her. Ab 1884 wird die Benzinsicherheitslampe des Patentes Wolf in der Firma Friemann & Wolf in Serie gefertigt.
Am 31. Dezember wird der spätere Maler und Mitbegründer Künstlergruppe BRÜCKE, Max Pechstein, geboren.

1885

In der Stadt Zwickau wird mit 100 Teilnehmern der Fernsprechverkehr aufgenommen.
Das in Zwickau in Garnison liegende Königlich-Sächsische Neunte Infanterieregiment Nr. 133 bezieht die neu errichtete Kaserne an der Werdauer Straße.

1889

Bergarbeiterstreik unter Führung des Sächsischen Berg- und Hüttenarbeiterverbandes. Im Ergebnis des Streikes wurden eine Verkürzung der Schichtzeiten auf zehn Stunden, weitgehende Abschaffung der Sonntagsarbeit und 10-tägige statt 14-tägige Lohnauszahlung erreicht.

1891

Am 8. März wird die Marienkirche nach mehrjähriger Restaurierung und Sanierung unter Leitung von Baurat Dr. Mothes mit einem Festgottesdienst wieder geweiht.

1892

Ab Oktober erscheint die sozialdemokratische Zeitung Sächsisches Volksblatt.

1893

Das neue Gaswerk mit zwei Behältern mit einem Fassungsvermögen von 6000 und 20000 Kubikmetern Gas wird in Betrieb genommen.
Am 3. Dezember erfolgt die Weihe der neuen Moritzkirche in der Nordvorstadt.
Am 22. Dezember geht in einigen Straßen der Innenstadt die elektrische Straßenbeleuchtung in Betrieb.

1894

Am 8. Januar wird der neu errichtete Städtische Vieh- und Schlachthof nimmt seiner Bestimmung übergeben.
Ab 6. Mai verkehrt zwischen Hauptmarkt und Bahnhof eine elektrische Straßenbahn, die erste Sachsens.

1895

Zum 1. Januar wird Pölbitz nach Zwickau eingemeindet.
In der Zwickauer Druckerei Förster & Borries wird weltweit das erste Buch im Dreifarbendruck hergestellt.

1897

Die Ingenieure Paul Kirchhoff und Leander Hummel gründen die Ingenieurschule.
In der Nacht vom 29. zum 30. April brennt die Zwickauer Kaserne ab.
Am 31. Juli führt ein Hochwasser der Mulde zur Überschwemmung der Bockwaer Senke und Teilen der Innenstadt. Der Steinkohlenbergbau ist über Monate stark beeinträchtigt.

1898

Am 1. Juli findet die feierliche Amtseinführung von Oberbürgermeister Karl Keil statt.