Rede der Oberbürgermeisterin der Stadt Zwickau zum Neujahrsempfang 2025

Es gilt das gesprochene Wort!

Liebe Gäste,

auch von meiner Seite möchte ich Sie sehr herzlich willkommen heißen und freue mich über fast 500 Gäste. Ihr Erscheinen zum Jahresempfang der Stadt Zwickau ist ein Ausdruck von Wertschätzung für unsere Stadt und Stadtgesellschaft. Ich weiß, Sie freuen sich darauf, mit vielen anderen Gästen ins Gespräch zu kommen und Personen zu treffen, die man oft das ganze Jahr nicht sieht! 

Wie immer, wenn ich hier stehe, ist es nicht einfach, den Anfang zu finden. Einen Jahresrückblick, einen Ausblick auf das neue Jahr, mit den richtigen Worten verpacken, mit den wichtigsten Botschaften versehen, die – so ist es mein Anspruch – Sie mit einem guten Gefühl ins neue Jahr entlässt, wenn‘s geht, nicht allzu langatmig, ist eine ganz schöne Herausforderung!

Der Blick zurück löst bei mir, gerade wenn ich die letzten Wochen des Jahres betrachte, nicht gerade viel Sorglosigkeit aus. Der schreckliche Anschlag in Magdeburg, der sinnlos mittlerweile 6 Menschen mitten aus dem Leben gerissen hat, viele Verletzte und Angehörige hinterlässt, die noch lange mit den Folgen leben müssen, macht mich einfach nur traurig. Wütend macht mich, dass man versucht, mit Gewalt und Angst unsere freie, liberale Lebensweise anzugreifen. Das ist nicht zu dulden! Schrecklich finde ich die politische Instrumentalisierung dieser Tat und die damit einhergehende, verallgemeinernde Verurteilung ganzer Menschengruppen. Die Anerkennung des Individuums ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft und wird durch viele Artikel im Grundgesetz manifestiert – aus gutem Grund! 

Auch die Entscheidungen bei VW und der damit verbundenen Bedeutung für unsere Region und möglichen Auswirkungen hat mich über die Feiertage gedanklich sehr beschäftigt. Ich und viele andere, mit denen ich mich in den letzten Tagen austauschen konnte, sind noch nicht überzeugt, dass es eine tatsächlich rundherum und nachhaltig gute Entscheidung für Zwickau, die Region und Sachsen war. Die Dimension umfasst die Zulieferindustrie, Dienstleister, Handel, Gastronomie und Immobilieneigentümer, eben irgendwie jeden und nicht nur Zwickauer, sondern die ganze Westsächsische Region! Hier sind sich Oberbürgermeister Sven Schulze, Landrat Carsten Michaelis und ich uns einig, dass wir für unsere Region kämpfen! Wir werden nicht abwarten, welche Auswirkungen eventuell eintreten, sondern wir werden mit den Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik - und wir möchten wir ausdrücklich VW mit einbringen - noch mehr Standortpolitik machen!

Auch die Finanzlage der Kommunen, ich darf hier die Landkreise mit einschließen, bereitet uns Kopfzerbrechen. Gerade, wenn wir heute hier stehen, in der „Neuen Welt“ und hinter mir sitzen die Clara-Schumann-Philharmoniker unseres Theaters, könnte man echt sauer werden. Die Kommunen und die Ensembles haben ihre Hausaufgaben gemacht. Seit vielen Jahren erfolgt ein ständiger Konsolidierungsprozess. Die Fusion beider Stadttheater zu einem Ensemble sollte die Finanzierung sichern und trotzdem kämpfen wir hier, in der Kultur, aber auch in der Bildung, in der Sozialarbeit oder bei der Erhaltung unserer Infrastruktur um ausreichende finanzielle Möglichkeiten. Hier Einschnitte vorzunehmen, bedeutet unmittelbare Auswirkung auf den Alltag unserer Bürger. Daher fordere ich Sie, geehrte Landes- und Bundespolitiker, auf, für eine auskömmliche Finanzierung in der kleinsten Einheit unserer Demokratie, den Kommunen, zu sorgen. Meine Erwartungen bestehen auch darin, den Rahmen für wachsende Wirtschaftskraft und Wertschöpfung hier in unserer Region zu setzen und tatsächlich an dem Anspruch zu arbeiten, dass ein Leben außerhalb von Ballungszentren kein Nachteil sein darf! Hier müssen Weichen neu gestellt werden. Wir brauchen Politik für unsere tatsächlichen Probleme (und jetzt nehme ich dieses unpopuläre Wort in den Mund). Dazu zählt allem voran, den Auswirkungen der demografischen Entwicklung entgegen zu treten! Dies betrifft beispielsweise die Ausstattung mit Haus- und Fachärzten. Die Leistungsfähigkeit von Gesundheits- und Pflegesystem. Den Erhalt unserer Infrastruktur trotz abnehmender Bevölkerungszahl oder endlich die lückenlose Elektrifizierung der Bahnstrecke von Nürnberg bis nach Görlitz umzusetzen! Und ja auch ich nehme auch das Wort Bürokratieabbau in den Mund. Weniger Standards, weniger Kontrolle, weniger Formulare, würde bedeuten, dass nicht nur Unternehmen oder Vereine weniger Ressourcen für den lästigen Bürokram (selbst wenn er digitalisiert ist) benötigen, sondern auch Verwaltungen und Behörden könnten mehr durchatmen und Geld sparen. Also nur MUT!

Aber das Jahr 2024 hinterlässt uns nicht nur Herausforderungen, sondern – Gott sei Dank – auch wieder viel Erreichtes und so manch schöne Erinnerung. Gerade beim Lesen des sorgfältig zusammengestellten Jahresrückblicks der Stadtverwaltung Zwickau (und das kann ich Ihnen nur empfehlen, Sie finden ihn auf der Homepage der Stadt Zwickau und er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber es) wird mir bewusst wie ereignisreich auch das Jahr 2024 gewesen ist. Und weil man schnell vergisst, vor allem Schönes und Unproblematisches, erlauben Sie mir eine kleine Aufzählung:

  • Allein die Tiefbauarbeiten hatten umfangreiche Ausmaße, das war der Zwickauer nicht gewohnt und hat Autofahrer und Anlieger ordentlich gefordert. Aber viele Baumaßnahmen sind frist- und mittelgerecht fertig geworden und die Verbesserung des Zustands erfreut viele Nutzer.
  • Wir hatten einen tollen Tag der offenen Tür, im Rathaus auf dem Hauptmarkt und im Standesamt. Es war eine tolle Stimmung, die Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben sich über die Möglichkeit gefreut, ihre Arbeit den Bürgern vorzustellen.
  • Natürlich war ein Highlight die Übergabe des Fördermittelbescheids für unsere Ballsporthalle, persönlich vom Ministerpräsidenten. Es freut mich auch sehr, dass der Stadtrat dieses Vorhaben weiter positiv begleitet.
  • Die Sanierung des Sojus geht nun auch voran und die lange Sorge nach einer Ausweichtrainingsstätte für die Turner konnte sehr gut gelöst werden.
  • Der Archivneubau wurde fertig gestellt und bald werden wir ihn der Öffentlichkeit präsentieren können.
  • In die Villa Falk – mancher hat vielleicht noch den trostlosen Anblick noch vor Augen – zieht immer mehr Leben ein, auch wenn es noch lange dauert bis alles fertig wird. Es grenzt ein bisschen an ein Wunder.
  • Einige Jubiläen konnten gefeiert werden, allen voran mit fulminanter Show unsere Berufsfeuerwehr mit dem 150. Geburtstag, dicht gefolgt vom „130 Jahre Straßenbahn“ bei der SVZ. Unsere Steinköhler haben ihren 35. begangen und das Forschungs- und Transferzentrum seinen 30.
  • Auch Unternehmen konnten positive Impulse in Zwickau setzen: die FES präsentierte den ersten wasserstoffbetriebenen LKW in Sachsen, die Metawerke sanierten die Villa Schön und nutzen sie als Firmensitz, der Zwickauer Maschinenbauer SMA wird von einem regionalen Investor übernommen und die Arbeitsplätze konnten erhalten werden.

Auch die Firmenbesuche in den letzten Monaten bieten, bei allen Herausforderungen auch positive Ausblicke. Wir haben engagierte Unternehmen und Unternehmer in unserer Region, die mit ihrem Know-how viel zur Wirtschaftskraft beitragen.

Besonders gefreut habe ich mich auch über den vertieften Kontakt zu allen Partnerstädten. Ganz besonders muss ich die vielen Initiativen mit Jablonec nad Nisou erwähnen. Angefangen von der Teilnahme tschechischer Modedesigner bei unserer Mercedes-Fashion-Night, über die entstandene Kooperation mit der Fakultät für Angewandte Kunst und Design unserer Westsächsischen Hochschule, bis hin zum Pop-up-Store zur Weihnachtszeit in unserer Hauptstraße, der vom Verband der tschechischen Glas- und Schmuckindustrie betrieben wurde.

Selbstverständlich gab es wieder viele Gelegenheiten, zusammen zu kommen. Ein Höhepunkt war sicher wieder das Stadtfest, welches an drei Tagen 120.000 Gäste zählte, die ausgelassen feierten. Der Internationale Robert-Schumann-Wettbewerb, welcher ambitionierte, musikalische Gäste aus aller Welt nach Zwickau brachte, war mit der Open-Stage auch für viele Zwickauer ein Erlebnis. Viele ausverkaufte Veranstaltungen im Theater, in der Stadthalle, in der „Neuen Welt“, auf der Freilichtbühne sorgten für viele Besucher. Aber auch die kleineren Events, wie die Fête de la musique, Vereinsfeste oder Sportevents machten das Freizeiterlebnis in Zwickau abwechslungsreich. Vieles geht nur mit engagiertem Ehrenamt. Auch die Heimspiele des BSV-Sachsen Zwickau, die seit September in der Stadthalle stattfinden, können nur mit vielen, fleißigen Händen organisatorisch und logistisch gestemmt werden.

Spätestens jetzt sage ich: Danke! An alle, die immer wieder unermüdlich mit dabei sind, wenn ein Triathlon, ein Inklusionsfest, eine Modenacht, „Zwickau blüht auf!“, Frühjahrsputz, die Tafel, Hausaufgabenhilfe, Seniorenarbeit, Pyramidenandrehen, Heimatfest, ein Projekt 46, das Lavendelblütenfest, Hochwasser- und Brandschutz u.s.v.m. organisiert werden muss! Ohne Euch wäre Zwickau viel langweiliger. Und an ALLE, die immer noch nicht zufrieden sind, sage ich: meckert nicht, sondern verändert und gestaltet mit! Diesbezüglich werde ich nicht müde werden immer wieder zu betonen, dass wir eine Mitmachgesellschaft sind. Die vielen Engagierten, oft im Ehrenamt Tätigen bekommen zwar viel gesellschaftliche Anerkennung, aber viel zu wenige Nachahmer, die helfen könnten, die Angebote aufrecht zu erhalten! Bitte unterstützen Sie die Vereine und ihre Initiativen unserer Stadt, für ein lebenswertes Zwickau.

Zu den Mitmachern zähle ich auch die, die in vielen Funktionen ihren Beitrag zu einer funktionierenden Stadt leisten. Angefangen bei zahlreichen Unternehmern, Mandatsträgern, Kulturschaffenden, Bildungsträger, Vertreter aus dem Gesundheitswesen, Behörden und Verwaltungen, Religionsgemeinschaften und jene, die für den Schutz von Leib und Leben verantwortlich sind! Sie alle sind Zwickau!

Ja und nun stehen wir also am Anfang eines neuen Jahres! Was werden wir über das Jahr 2025 berichten, wenn wir uns hoffentlich gesund, zum Neuen Jahr 2026 gratulieren?

Bei vielen wird der Wunsch nach Frieden ganz oben stehen. Am 24. Februar 2025 wird der völkerrechtswidrige Angriff von Putin auf die Ukraine in das 4. Jahr gehen. Kaum vorstellbar! Wenn man spürt, wie mürbe wir unter dieser Kriegslast leiden, obwohl die Kampfhandlungen über 1000 km entfernt sind, wie muss es erst einem Ukrainer ergehen? Tägliche Angst vor Raketenangriffen, der Verlust von Vätern, Brüdern, Nachbarn, Freunden. Kinder, die in Luftschutzräumen lernen müssen oder in U-Bahn-Schächten schlafen. Die teilweise Täter-Opfer-Umkehr in diesem Konflikt macht mich sprachlos und ich wünsche mir für die Ukraine, wie für alle kriegerischen Auseinandersetzungen, ein Ende. Kriege bringen nur Elend und Zerstörung und sind Ursache für Flucht und Armut.

Der Wunsch nach Stabilität und verlässliche politische Entscheidungen werden ebenso auf unserem Wunschzettel stehen. Dies ist die Grundlage für unternehmerische Strategien und die damit verbundenen Investitionen. Werden wir also in einem Jahr diese Hoffnung bestätigt sehen? Wichtige Weichen werden am 23. Februar gestellt und ich hoffe sehr, dass es die Verantwortlichen schaffen, Vertrauen und Verlässlichkeit zu vermitteln, ohne dabei unser Wertesystem und so wichtige Errungenschaften wie ein vereintes Europa in Frage zu stellen! Ich wünsche mir, dass die vielen Konflikte und Herausforderungen die wir haben, nicht unseren Zusammenhalt gefährden. Argumente/Meinungen sachlich vortragen, anhören und aushalten ist nicht gerade unsere beste Disziplin. Darin könnten wir uns alle mehr Mühe geben. 

Was mir Mut macht und mich optimistisch stimmt, sind die vielen Begegnungen mit Menschen, die auch den Kopf nicht in den Sand stecken. Haben Sie jemals erlebt, dass jemand Hilfe oder Solidarität brauchte und sie nicht bekommen hätte? Mein Eindruck ist, sobald der Alarm, der Aufruf losgeht, gibt es immer Menschen, die sich für andere einsetzen. Das sind keine Einzelfälle, sondern passiert im Kleinen und im Großen, im Vordergrund aber oft im Stillen. Deshalb glaube ich an die Kraft einer Gemeinschaft.

Dies könnte auch das Motto sein, mit dem das Kulturhauptstadtjahr „Chemnitz 2025“ uns in Erinnerung bleiben wird. Die vielen Kommunen und deren Akteure werden in Summe zu einem großen Erlebnis werden. Die Vorbereitungen, die zugegebenermaßen nicht immer glatt liefen, laufen schon seit drei Jahren und so nach und nach, macht sich Festival-Stimmung breit. Ich sehe viele neue Gäste durch unsere Stadt wandeln und unsere Kultureinrichtungen und Veranstaltungen besuchen. Ich hoffe, dass die Zwickauer tolle Gastgeber sein werden und damit für einen neuen Besuch in Zwickau werben! Hier liegt es sehr in unserer Hand, wie wir unsere Stadt präsentieren – der freundliche Verkäufer, der hilfsbereite Passant, die zuvorkommende Servicekraft, jeder Kontakt ist wichtig! Denn: Zwickau kann ungeahnt sehenswert sein!

Die bis dahin einmalige Ausstellung von „Kunst und Bergbau der Wismut“ in den Metawerken wird ein Höhepunkt in Zwickau sein. Aber wenn man sich durch den vorläufigen Veranstaltungskalender für das 2025 durcharbeitet, wird man noch viele Angebote für die verschiedenen Geschmäcker finden! Eine Hoffnung ist, dass wir deutlich mehr Besucher haben werden und damit unsere lokale Gastronomie- und Hotelbranche davon profitieren wird, genauso wie unsere Kultureinrichtungen, die sich auch Besonderes haben einfallen lassen, z.B. kann man im Robert-Schumann-Haus mit Clara Schumann telefonieren. Ein Projekt welches mit Unterstützung der WHZ umgesetzt wurde. 

Da passt es, wenn im späten Frühjahr oder im zeitigen Sommer endlich das neue Hotel im Schocken-Komplex eröffnen wird und damit eine neue moderne Übernachtungsmöglichkeit nach Zwickau kommt. 

Sehr freuen werden wir uns alle, wenn die innerstädtischen Baustellen endlich abgeschlossen sind und Marienstraße, Marienplatz, Peter-Breuer-Straße wieder frei von Einschränkungen sein werden. Wir haben noch viele Baumaßnahmen auf dem Zettel stehen, z. B.: 

  • Sanierung der Schule am Windberg
  • weitere Sanierung des Planitzer Markts und des Freizeitzentrums Marienthal
  • beginnende Sanierung der Kunstsammlungen
  • endlich die Beckenauskleidung im Planitzer Bad
  • Abschluss des Neubaus des Feuerwehrgerätehauses Oberhohndorf. Ich denke die Kameraden freuen sich sehr darüber. 

Hinzu kommen die vielen Investitionen, die durch unsere kommunalen Gesellschaften umgesetzt werden: Wir haben uns als Verwaltung auch viel vorgenommen. Der Einzug in das Stadtarchiv, der Auszug aus den Kunstsammlungen, der Umzug einzelner Stadtämter in das Schocken und damit einhergehenden räumlichen Veränderungen fordern die Mitarbeiter der verschiedenen Ämter schon seit vielen Monaten. Diese Umzüge - und das weiß jeder, der schon mal umgezogen ist - sind eine große Mehrbelastung, die neben dem Alltagsgeschäft abgearbeitet werden muss. Aber sie bieten auch eine gute Gelegenheit, die Modernisierung der Verwaltung voranzutreiben, die Arbeitsplätze nach neuen Anforderungen zu gestalten.

Nun habe ich vieles erwähnt, sicher nicht alles. Das neue Jahr wird wieder viele Möglichkeiten für uns bereithalten. Ob alles gelingen wird? Dafür gibt es keine Garantie, aber die Wahrscheinlichkeit steigt, wenn man gemeinsam an einem Strang zieht, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.

Und mit dem Wissen, dass hier im Saal und draußen in allen Ecken unserer Stadt, unserer Region viele Partner für unser Zwickau sind, gehe ich mit Optimismus in das neue Jahr!

Ich hoffe, dass Sie ebenfalls Partner für Ihre Vorhaben finden und wünsche Ihnen gutes Gelingen und viel Erfolg!

Bleiben Sie gesund und positiv!

Ihre Constance Arndt