Gut 140 Einwohner nutzten am gestrigen Mittwoch die Möglichkeit, sich über die geplante Unterkunft für Asylsuchende in der Eckersbacher Heisenbergstraße zu informieren. Oberbürgermeisterin Constance Arndt hatte dazu insgesamt über 500 Anwohner eingeladen, die im unmittelbaren Umfeld des Wohnprojekts leben. Neben ihr stand in der „Wernesgrüner Lounge“ der GGZ-Arena auch Landrat Carsten Michaelis Rede und Antwort. Unter der Moderation von Prof. Kathleen Hirsch von der Westsächsischen Hochschule Zwickau standen außerdem Pierre Söllner, Regionalvorstand der Johanniter Unfall-Hilfe Zwickau/ Vogtland, und Cornelia Bretschneider, Dezernentin im Landratsamt, für Erläuterungen zur Verfügung.
Landrat Michaelis wies in seinem Eingangsstatement darauf hin, dass der Landkreis zur Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen gesetzlich verpflichtet sei. Die Stadt habe dabei sowohl eine Mitwirkungs- als auch eine Duldungspflicht. Constance Arndt erläuterte den eng gesteckten Kreis an Eingeladenen. Aufgrund der begrenzten Platzkapazität habe man nur die nächsten Anwohner einladen können. Sonst hätte die Gefahr bestanden, dass man Interessierte am Eingang hätte wieder nach Hause schicken müssen.
Cornelia Bretschneider veranschaulichte die Notwendigkeit, neue Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. So sei nach der großen Flüchtlingswelle in den Jahren 2015 und 2016 die Zahl der Asylsuchenden zunächst kontinuierlich zurückgegangen. Inzwischen sei aber wieder eine deutliche Zunahme zu verzeichnen. 2022 seien fast 750 Asylbewerber und annähernd 3.800 ukrainische Flüchtlinge in den Landkreis Zwickau gekommen. Mit rund 1.100 Asylsuchenden sei 2023 zu rechnen, prognostizierte die Dezernentin des Landkreises. Daher würden die bestehenden Unterkünfte nicht mehr ausreichen.
Um die hilfesuchenden Menschen gleichmäßig im Landkreis aufzuteilen, habe man den Kreis in fünf Planungsräume aufgeteilt. Im Vergleich zu anderen bestehen im Planungsraum 4 (Mülsen bis Limbach-Oberfrohna) sowie im Planungsraum 1 (Stadt Zwickau) unterdurchschnittliche Kapazitäten. Nach intensiver Suche habe man sich für das Objekt in der Heisenbergstraße entschieden. Nach einem Ausschreibungsverfahren sei die Wahl auf die Johanniter als Betreiber gefallen. Diese stellen ab der geplanten Inbetriebnahme zum 1. Juni einen Wohnprojektleiter, einen Hausmeister sowie letztlich vier Mitarbeiter (3,5 Vollzeitäquivalente) für die soziale Betreuung der alleinreisenden Männer. Das Büro sei an Wochentagen besetzt. Während dieser Besetzzeiten sei jeweils ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes anwesend, außerhalb sind es zwei.
Oberbürgermeisterin verspricht Folgeveranstaltung
Rund ein Dutzend Teilnehmer nutzte sodann die Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern und Fragen zu stellen. Hinterfragt wurde beispielsweise, ob es nicht „undemokratisch“ sei, dass die Anwohner nicht eher einbezogen wurden. Mehrere Personen sprachen das Thema der Sicherheit an. Pierre Söllner wies auf das Sicherheitskonzept hin: Das Objekt sei eingezäunt, nach innen hin videoüberwacht und es gebe 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche einen Sicherheitsdienst. Er sicherte zu, dass man stets den Kontakt mit den Mitarbeitern suchen könne, um etwaige Probleme gemeinsam zu lösen. Außerdem stimme man sich mit Polizei und Ordnungsamt ab.
Zur Frage nach der früheren Information wies Landrat Michaelis zunächst darauf hin, dass es ein vergleichsweise langwieriger Prozess sei, ein geeignetes Objekt zu finden. Außerdem sei man zur Unterbringung gesetzlich verpflichtet, eine Entscheidungsfreiheit bestehe daher im Grundsatz nicht. Oberbürgermeisterin Arndt ergänzte, dass man nicht generell von „undemokratisch“ sprechen könne, da man auf der Basis von Gesetzen handle, die demokratisch zustande kamen. Außerdem müssen die Bürger erwarten können, dass sich sowohl ein Landrat als auch eine Oberbürgermeisterin an Gesetze halten und nicht nach Willkür handelten. Wesentlich sei schließlich, dass man erst nach der Ende März im Kreistag getroffenen Entscheidung die Grundlage gehabt habe, umfassend informieren zu können. Arndt appellierte außerdem, die Situation auch als Chance zu begreifen. Angesichts der demografischen Entwicklung könne man gerade die Defizite auf dem Arbeitsmarkt nur durch Zuzug lösen. Wichtig sei daher die Integration der Asylsuchenden und Flüchtlinge: „Das ist eine Aufgabe, die wir nur gemeinsam lösen können!“
Abschließend griff Arndt einen Vorschlag aus der Anwohnerschaft auf, nach dem Beginn des Wohnprojekts eine ähnliche Veranstaltung folgen zu lassen. Sie versprach, dass eine Anwohnerversammlung ungefähr ein halbes bis ein Jahr nach Projektbeginn stattfinden werde. Die Veranstaltung endete schließlich nach ungefähr zwei Stunden mit Applaus.