Nach einer coronabedingten Zwangspause hat das Stadtarchiv Zwickau einen neuen Postkartenkalender für 2022 herausgegeben. Auf 13 Blättern (ein Deckblatt, zwölf Monatsblätter) zeigt es diesmal bekannte Zwickauer Kneipen aus der Zeit zwischen 1930 und 1980, die das Stadtbild prägten, aber mittlerweile aus diesem verschwunden sind. Hier traf man sich nach der Arbeit, am Abend oder am Wochenende, hier wurde "geschwoft", über Gott und die Welt debattiert, etwas Einfaches gegessen oder einfach nur in Ruhe ein Feierabendbierchen getrunken.
Entstanden ist die Idee für den Kalender in Anlehnung an den 600. Jahrestag des sogenannten Bannmeilenrechts, das über viele Jahrhunderte Auswirkungen auf die Entwicklung des Handwerks in Zwickau, aber vor allem auf den ländlichen Raum hatte: Am 3. Mai 1421 bestätigte Markgraf Wilhelm II. in einer Verordnung, die im Original im Stadtarchiv Zwickau aufbewahrt wird, der Stadt Zwickau ihr Bannmeilenrecht. Damit durfte die Stadt im Umkreis einer Meile festlegen, in welchem der 30 Dörfer sich Handwerker niederlassen durften, um die grundlegenden Bedürfnisse der Landbevölkerung zu decken. Zumeist waren es Schmiede und Kretzschmer (Schankwirte), gelegentlich auch Schneider. Nicht erlaubt war diesen dagegen die Herstellung eigenen Bieres. Dieses war zu dieser Zeit zwar ein Grundnahrungsmittel, da sauberer als Wasser, aber keineswegs schmackhaft. Durch die Verhängung des sogenannten "Bierbanns" waren die Dörfer gezwungen, ihr Bier ausschließlich in Zwickau zu kaufen, was immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen führte. Die Stadt und ihre Handwerkerschaft bestanden auf ihrem verbrieften Recht und setzten dies zum Teil auch mit Waffengewalt durch, so u.a. im Culitzscher Bierstreit 1527 und im Schönfelser Bierstreit von 1686. Dabei erfuhren sie große Unterstützung durch den Landesherrn, der natürlich an den Steuern aus Zwickau interessiert war.
Erst am 27. März 1838 wurde im Königreich Sachsen das Bannrecht per Gesetz aufgehoben.
Rückblickend führte dieses Privileg zur Herausbildung einer stabilen handwerklichen Wirtschaft und bildete die Grundlage für die Entwicklung Zwickaus zur Industriestadt, von der auch das ländliche Umland bis heute profitiert.
Sicher kann sich der eine oder andere noch an die Kneipen erinnern und hat vielleicht selbst Erinnerungen an gesellige Stunden in ihnen. In jedem Fall sind sie es wert, in unserem Gedächtnis zu bleiben.
Der Kalender mit einer Auflage von 500 Stück ist ab sofort im Stadtarchiv Zwickau, in den KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum, den Priesterhäusern und dem Robert-Schumann-Haus zum Preis von 6 Euro erhältlich.