Über 3900 Menschen haben die Sonderausstellung „Geschichte und Geschichten. 900 Jahre Zwickau“ in den Priesterhäusern am Domhof 5-8 seit ihrer Eröffnung am 18. Februar bereits gesehen. Eine magische Anziehungskraft auf die Besucher hat die „Schatzkammer“ im Dachgeschoss des Museumsneubaus. Denn dort werden Kostbarkeiten gezeigt, die aus konservatorischen Gründen ‑ und teils selbst dort zeitlich begrenzt – nur in diesem abgedunkelten Raum präsentiert werden können.
Schon zur Eröffnung wurde es angekündigt: Um den Besuchern möglichst viele Kostbarkeiten zeigen zu können, sollen noch einige Exponate in der „Schatzkammer“ bis zum Ausstellungsende am 21. Oktober gewechselt werden. So haben auch begeisterte Mehrfachbesucher über die Monate hinweg einen zusätzlichen Anreiz, sich mit dieser wunderbaren Schau, die extra für das Stadtjubiläum konzipiert wurde, auseinanderzusetzen.
An der Stelle des Stadtrechtsbuches ist also jetzt ein Buch von Johann Locher im Original in der „Schatzkammer“ zu sehen. Es ist eine bedeutende Schrift aus der Reformationszeit. Sie stammt aus dem Nachlass Stephan Roths. Dabei handelt es sich um das Buch von Johann Locher: Ein vngewonlicher/vnd der Ander Sendtbrieff/deß Baurnfeyndts zuo Karsthannsen/Der doch nit allein wider ynn/Sunder der Gantzen Christenhayt entgegen ist. (Zwickau: Jörg Gastel, 1524, Nachlass Stephan Roth, Leihgabe Ratsschulbibliothek Zwickau, Sign.: 17.12.3.(26))
Der ehemalige Franziskaner Johann Locher, der sich 1524 in Zwickau aufhielt, übte in Predigten und Schriften scharfe Kritik an kirchlichen und sozialen Missständen. Johann Locher beschreibt in seinem 1524 erschienen „Müglichen bericht an die zu[e] Zwickaw […]“ den Zustand der Zwickauer Gemeinde, äußert sich anerkennend über die bereits eingeführten Reformen und mahnt die Stadt, ihre Bestrebungen weiter fortzuführen. Gerade die im Laufe des Jahres 1524 publizierten Predigten und Sendschreiben Lochers nehmen innerhalb der Überlieferungsgeschichte eine Sonderstellung ein, da sie ausnahmslos in der Werkstatt Schönspergers (der einzigen Druckerei Zwickaus zu der Zeit) erschienen und kein weiteres Mal gedruckt wurden. Der Titelholzschnitt zeigt einen Bauern mit Dreschflegel und Rosenkranz ‑ Attribute für Bauernstand und Frömmigkeit.
In der „Schatzkammer“ zu sehen sind herausragende Objekte, wie mittelalterliche Urkunden, in Zwickau gefertigtes Porzellan und ein etwa 700 Jahre alter Siegelstempel des Zwickauer Rates. Bei den Schatzkammer-Objekten handelt es sich zum Teil um Leihgaben des Stadtarchivs Zwickau, der KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max Pechstein Museum und der Ratsschulbibliothek Zwickau. Im Bereich vor der Schatzkammer wird eine Auswahl von ungewöhnlichen Exponaten gezeigt, die bislang noch nie in einer Ausstellung in den Priesterhäusern Zwickau zu sehen waren. Darunter findet sich zum Beispiel das restaurierte, maßstabsgetreue Modell einer Plattenbauwohnung aus den 1970er Jahren.
Die Ausstellung wird ergänzt durch ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm aus Vorträgen zu verschiedenen Themengebieten der Stadt- und Kulturgeschichte, speziellen Ausstellungsführungen für die ganze Familie, Konzerten, pädagogischen Programmen für Kinder- und Schülergruppen sowie weiteren Sonderveranstaltungen.