Back to Paradise - Meisterwerke des Expressionismus

veröffentlicht am: 28.08.2018

Das Kulturamt informiert:

Die KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum zeigen in einer Sonderausstellung vom 15. September 2018 bis 6. Januar 2019 über 100 Meisterwerke des Expressionismus. Die Ausstellung führt wichtige Werke aus der Sammlung Häuptli im Aargauer Kunsthaus und der Sammlung im Osthaus Museum Hagen zusammen. Das Institut für Kulturaustausch Tübingen initiierte und organisierte diese außergewöhnliche Schau.

Im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichem Konservatismus und voranschreitender Industrialisierung entwickelte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum die Strömung des Expressionismus. Das Aufbegehren gegenüber bürgerlichen Normen schlug sich in der Kunst als visuelle Revolte nieder.

Eine junge Avantgarde von Künstlern wagte kurz nach 1900 den Aufbruch in die Moderne. Ihre kraftvolle Bildsprache war unmittelbarer Ausdruck eines individuellen Lebensgefühls. Als Gegenentwurf zur europäischen Zivilisation ersehnten sie den Einklang von Mensch und Natur. Auf der Suche nach dem Paradies strebten die Expressionisten nach Ursprünglichkeit in neuen Lebens- und Identitätsmodellen.

Expressionistische Kunst in ganzer Breite

In den KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU ist ab Mitte September die Zusammenführung der Schätze zweier Museen zu sehen, die aus Privatsammlungen expressionistischer Kunst stammen. Die ausgestellten Gemälde und Grafiken von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Max Pechstein, Otto Mueller, Emil Nolde und weiteren bedeutenden Künstlern geben einen in solcher Dichte und Qualität seltenen Überblick über das expressionistische Schaffen in Deutschland von 1905 bis 1938. Die Schau bietet eine wohl ziemlich einmalige Gelegenheit, sich mit dieser für die gesamte Moderne bis zur Gegenwartskunst so außerordentlich wichtigen und einflussreichen Stilrichtung der Malerei des Näheren zu befassen.

In der Ausstellung sind hochkarätige Werke der berühmten Künstlervereinigungen des deutschen Expressionismus mit ihren farbintensiven Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Druckgrafiken vertreten. Einen Schwerpunkt bilden die Künstler der Brücke mit Kirchner, Pechstein, Heckel, Mueller, Schmidt-Rottluff und Nolde. Aus den Reihen der Neuen Kunstvereinigung München und der Gruppe Blauer Reiter sind Kandinsky, Macke, Marc, Münter und Jawlensky zu sehen. Hinzu treten u. a. Arbeiten von Beckmann, Bötticher und Rohlfs, der eng mit Karl Osthaus in Hagen, einem der wichtigen frühen Förderer der Expressionisten, befreundet war.

Aber auch in anderen Regionen Deutschlands streben Künstler – wie etwa in München der Blaue Reiter oder wie Emil Nolde und Christian Rohlfs - nach einer Kunst, deren Inhalt auf subjektiver Erfahrung beruht. Dazu lösen sie sich von traditionellen Bildformeln und bedienen sich einer direkten und expressiven Bildsprache. Dynamische Strichführungen und Farbflächen charakterisieren ihre Werke.

Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Osthaus Museum Hagen und dem Aargauer Kunsthaus Aarau. Das Institut für Kulturaustausch initiierte und organisierte diese außergewöhnliche Schau. Zur Ausstellung ist im HIRMER Verlag ein umfangreich bebilderter Katalog erschienen. Die KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU bieten zudem ein umfangreiches Begleitprogramm an. Themen und Termine sind unter www.kunstsammlungen-zwickau.de zu finden. Die Eröffnung der Ausstellung findet am Freitag, dem 14. September 2018 um 18 Uhr statt.

Die Sammlungen

Für das völlig neue Kunstverständnis begeisterte sich auch das Ehepaar Valerie und Dr. Othmar Häuptli, deren Sammlung 1983 als Schenkung ins Aargauer Kunsthaus gelangte. Neben einem großen Konvolut wichtiger Werke von Französischen und Schweizer Künstlern, unter anderen auch Aargauer Kunstschaffender, fanden rund 100 Werke des deutschen Expressionismus den Weg in ihre Sammlung. Häuptlis waren Laiensammler im besten Sinne des Wortes. Sie sammelten, was Ihnen gefiel und wozu sie eine persönliche Beziehung aufbauen konnten. Vielleicht ist es gerade dieser unmittelbare Bezug zu den Werken, welcher der Sammlung und den Bildern eine große Kraft verleiht.

Über eine ähnliche Sammlung verfügt das Osthaus Museum Hagen. 1921 vermachte deren Begründer, der Kunstsammler und Mäzen Karl Ernst Osthaus, seine Sammlung an das Museum Folkwang in Essen. 1945 wurde die Sammlung in Hagen gänzlich neu aufgebaut. Den Kern bilden herausragende Werke deutscher Expressionisten, worunter die bereits oben erwähnten Brücke-Künstler wie Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel oder Karl Schmidt-Rottluff fallen sowie Vertreter der Neuen Künstlervereinigung München und des Blauen Reiters, darunter Gabriele Münter, Alexej von Jawlensky oder Franz Marc.

Die Gegenüberstellung von ausgewählten Meisterwerken aus beiden Sammlungen soll die verschiedenen Ausrichtungen innerhalb der expressionistischen Strömung sichtbar machen und gleichzeitig die malerischen Höhepunkte verdeutlichen und hervorheben. Ein weiteres Anliegen der Ausstellung ist es, dem interessierten Publikum die Möglichkeit zu bieten, die Schwerpunkte und Strategien der beiden Sammlungen miteinander vergleichen zu können. Zu sehen sein werden Gemälde, Papierarbeiten und Holzschnitte aus allen Phasen des Expressionismus. Werke, die einst in denselben Ateliers entstanden sind, mögen nun – Jahre später – im Museum wieder aufeinander treffen.

Eine besondere Ergänzung zu den deutschen Arbeiten bilden die Schweizer Werke aus der Sammlung des Aargauer Kunsthauses. Eine der wichtigen Figuren des Expressionismus ist auch der Schweizer Cuno Amiet. Selbst wurde er von den Brücke-Malern aufgefordert, ihrer Gruppe beizutreten. Amiet blieb Mitglied bis zu deren Auflösung 1913. Anfang des 20. Jahrhunderts kam ihm eine Vermittlerrolle zwischen der neuen französischen Auffassung und dem revolutionären deutschen Kunstwollen zu. Umgekehrt übte der deutsche Ernst Ludwig Kirchner Anfang der 1920er Jahre einen wichtigen Einfluss auf die Basler Expressionisten der Gruppe Rot-Blau aus, wozu Hermann Scherer, Paul Camenisch oder Albert Müller gehörten. Von Scherer kamen einige bedeutende Werke aus der Stiftung Werner Coninx 2016 als Dauerleihgabe in die Sammlung des Aargauer Kunsthauses.

Ernst Ludwig Kirchner, Erna mit Japanschirm (Japanerin), 1913 - Courtesy of Aargauer Kunsthaus Aarau & Institut für Kulturaustausch, Tübingen, Foto: Jörg Müller
Max Pechstein, Liegendes Mädchen, 1910 - Courtesy of Aargauer Kunsthaus Aarau & Institut für Kulturaustausch, Tübingen, Foto: Jörg Müller; (c) 2018Pechstein Hamburg/ Tökendorf