Das Kulturamt informiert:
„Erneuerung & Eigensinn“ lautet der Titel der neuen Sonderausstellung, die ab 18. Februar in den KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU zu sehen ist. Anhand von bedeutenden Archivalien, Drucken und weiteren authentischen Objekten wird Zwickaus Weg durch die Reformation nachgezeichnet – eines Prozesses, der nicht ohne Reibungen verlief und wiederholt zu Konflikten führte. Die heute viertgrößte Stadt Sachsens gilt nach Wittenberg als zweite Stadt, in der sich die Reformation vollständig durchsetzte. Seit April 2016 trägt sie offiziell den Titel „Reformationsstadt Europas“.
Bei der Ausstellung, die bis 28. Mai präsentiert wird, handelt es sich um ein Gemeinschaftsprojekt der städtischen Museen - der KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum, der Priesterhäuser, der Ratsschulbibliothek und des Stadtarchivs. Im Begleitprogramm finden unterschiedliche Führungen, verschiedene Vorträge oder ein Konzert des Sächsischen Vokalensembles mit Musik der Reformationszeit statt.
Zwickaus Weg durch die Reformation
Um 1500 gehörte Zwickau zu den wohlhabendsten, aber auch bevölkerungsreichsten Städten der Region. Damals regierte ein Rat, der vor allem humanistisch geprägt war und den Reformideen Luthers sehr aufgeschlossen gegenüberstand. Die Kräfte um Bürgermeister Hermann Mühlpfort pflegten einen engen Kontakt zu den Reformatoren in Wittenberg und setzten Stück für Stück deren Ideale in Zwickau um. Um die einflussreiche Zwickauer Lateinschule entwickelte sich eine intellektuelle Basis für Veränderungen. Luther widmete 1520 seine Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ dem hiesigen Stadtvogt Hermann Mühlpfort. 1520 kam schließlich auf Empfehlung Luthers der Prediger Thomas Müntzer nach Zwickau und wirkte zunächst an der Marien-, ab Oktober 1520 an der Katharinenkirche.
Hier kam er offensichtlich mit den Zwickauer Propheten um den Tuchknappen und Laienprediger Nikolaus Storch in Kontakt. Diese kritisierten neben der Stadtgeistlichkeit die Franziskanermönche, aber auch den Rat selbst. Zunehmend forderte Müntzer immer radikalere Reformen, so dass der Rat sich aus Sorge um die städtische Ordnung genötigt sah, ihn im April 1521 zu entlassen. Das Zwickauer Stadtarchiv bewahrt seine Gehaltsquittungen auf, unterschrieben mit den Worten „Tomas Munczer qui pro veritate militat in mundo“ [Thomas Müntzer, der für die Wahrheit in der Welt kämpft]“, 1521.
Müntzer ging, die Unruhen blieben. Um die öffentliche Ruhe wieder herzustellen und die Volksmenge zu beruhigen, reiste Martin Luther auf Bitten des Rates nach Zwickau und hielt vom 30. April bis 2. Mai 1522 vier Predigten. Damit bekam das luthertreue, gemäßigte Lager um den Bürgermeister Hermann Mühlpfort und den evangelischen Pfarrer Nikolaus Hausmann endgültig die Oberhand. Um 1525 war die Reformation weitgehend eingeführt. In der Haltung zum Bauernkrieg bereits uneins mit Mühlpfort und dem Zwickauer Rat, kam es um 1530 im Zusammenhang mit dem Besetzungsrecht städtischer Pfarrstellen jedoch zum Bruch zwischen Martin Luther und den Zwickauern.
Erneuerung und Eigensinn
In der Ausstellung werden bedeutende Archivalien, bibliophile Schriften und Drucke, Kunstwerke und Objekte aus der Ratsschulbibliothek, dem Stadtarchiv und den Zwickauer Museen zusammengeführt und im Jahr des 500-jährigen Reformationsjubiläums in den KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU präsentiert. So geben die seit 1510 überlieferten Ratsprotokolle interessante Einblicke in die Geschehnisse vor und während der Reformation. Die Gehaltsquittungen von Thomas Müntzer oder die Briefe von Martin Luther und Philipp Melanchthon an den Rat sind ausgezeichnete Zeugnisse, die Zwickaus Bedeutung als Stadt der Reformation bestätigen.
Anschaulich aufgearbeitete Themenbereiche ermöglichen einen abwechslungsreichen Rundgang durch diesen wichtigen Abschnitt der Stadtgeschichte – von der Ausgangslage um 1500 mit den Fragen zu Heiligenverehrung und Ablasshandel, über Luthers und Müntzers Wirken in der Stadt, die Umsetzung der Reformation und ihre Folgen bis zum Bruch mit Luther, der später den Rat wegen seiner eigenmächtigen Einsetzung der Pfarrstellen scharf kritisierte. Ebenfalls wird den Reformationsjubiläen vergangener Jahrhunderte ein eigener Bereich gewidmet.
Zur Ausstellung erscheinen eine Broschüre (96 Seiten, 12 Euro), die in kurzen Texten und zahlreichen Abbildungen einen Überblick zur Reformation in Zwickau bietet, sowie der Tagungsband zum wissenschaftlichen Kolloquium „Martinus halbem …“ – Zwickau und der reformatorische Umbruch (160 Seiten, 15 Euro).
Begleitprogramm
Freitag, 17. Februar 2017, 18 Uhr
Ausstellungseröffnung
Führungen
- Donnerstag, 2. März 2017, 16 Uhr
Führung für Pädagogen
Rundgang durch die Ausstellung speziell für Lehrerinnen und Lehrer
Eintritt frei - Mittwoch, 15. März 2017, 18 Uhr
Die Reformation in Zwickau. Ein Überblick
Kuratorenführung
6 Euro, ermäßigt 3,50 Euro - Mittwoch, 12. April 2017, 18 Uhr
Sozialer Abstieg und Reformation? Peter Breuer und seine Werkstatt
Kuratorenführung
6 Euro, ermäßigt 3,50 Euro - Ostermontag, 17. April 2017, 15 Uhr
Ketzer oder Heiliger? Unterwegs mit Dr. Luther
Kostümführung mit Christian Landrock, Zwickau
6 Euro, ermäßigt 3,50 Euro - Mittwoch, 26. April 2017, 18 Uhr
Müntzer versus Luther? Die Einführung der Reformation in Zwickau
Kuratorenführung
6 Euro, ermäßigt 3,50 Euro - Mittwoch, 10. Mai 2017, 18 Uhr
Medienereignis Reformation. Lateinschule, Buchdruck und Gelehrte in Zwickau
Kuratorenführung
6 Euro, ermäßigt 3,50 Euro - Sonntag, Muttertag, 14. Mai 2017, 15 Uhr
Mama ist die Beste
Familienführung zu Marienbildern für Kinder zwischen 6 und 11 Jahren
6 Euro, ermäßigt 3,50 Euro - Sonntag, 28. Mai 2017, 17 Uhr
Ketzer oder Heiliger? Unterwegs mit Dr. Luther
Kostümführung mit Christian Landrock, Zwickau
6 Euro, ermäßigt 3,50 Euro
Der Eintritt ist im Führungspreis enthalten.
Veranstaltungen und Vorträge
- Mittwoch, Frauentag, 8. März 2017, 18 Uhr
Meiner lieben Katharin Lutherin von Bora…
Ines Hommann, Dresden, liest aus Reisebriefen Martin Luthers an Katharina von Bora, musikalisch begleitet von Annette Schneider, Zwickau
7 Euro, ermäßigt 4 Euro - Sonntag, 2. April 2017, 15 Uhr
Religionspolitik als Kunst des Möglichen: Hermann Mühlpfort und die Einführung der Reformation in Zwickau
Vortrag von Robert Weißmann, Berlin
3 Euro, ermäßigt 2 Euro - Mittwoch, 3. Mai 2017, 18 Uhr
Polemiken um den Glauben - Pasquille, Lästerschrift und Schandlied in der Reformationszeit
Vortrag von Matthias Rekow, Dresden
3 Euro, ermäßigt 2 Euro - Sonntag, Internationaler Museumstag, 21. Mai 2017, 15 Uhr
Mensch Martin! Eine Geschichtenschnitzerei rund um Martin Luther
Familienprogramm mit Swen Kaatz
Eintritt frei
Konzert
- Samstag, 18. März 2017, 17 Uhr
„…so der alte Jodocus Schalreuter mit seiner handt geschrieben“
Festkonzert mit Musik der Reformationszeit, gesammelt vom Zwickauer Bürger Jobst Schalreuter (vor 1487-1550), Sächsisches Vocalensemble, Dresden, Leitung Matthias Jung
15 Euro, ermäßigt 9 Euro
Veranstaltungstipps
Feierabendführungen in der Katharinenkirche
- Donnerstag, 16. März 2017, 17.30 Uhr
Müntzer – Rede und Verantwortung - Donnerstag, 20. April 2017, 17.30 Uhr
Heinrich und Kunigunde - Donnerstag, 18. Mai 2017, 17.30 Uhr
Himmelhochjauchzend
St. Katharinenkirche, Katharinenstraße 34, 08056 Zwickau (Telefon 0375 836134)
Führung und Kreativangebote
Führungen und Kreativangebote für Schüler und Gruppen auf Anfrage unter: kunstsammlungenzwickaude oder 0375 834510
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag, Feiertag 13 bis 18 Uhr; Schließtage: Karfreitag, Heiligabend, Silvester
Eintritt
- Erwachsene: 5 Euro
- Ermäßigt: 3 Euro (Schüler, Vollzeit-Studenten über dem vollendeten 18. Lebensjahr (jedoch nicht Gasthörer, berufsbegleitende Studiengänge, Fernstudium, Beurlaubung) sowie Schwerbehinderte (mind. 50% GdB) gegen Vorlage eines gültigen Nachweises)
- Eintritt frei für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr, Zwickau-Pass-Inhaber
- erster Mittwoch im Monat: Eintritt frei
Barrierefreiheit
Ein barrierefreier Zugang ist über den Innenhof möglich. Die Dauerausstellung ist eingeschränkt zugänglich und die Sonderausstellung ist rollstuhlgeeignet. Zur Eröffnung der Ausstellung und zu den Veranstaltungen ist für maximal 15 Personen eine induktive Höranlage verfügbar.