„Martinus halbenn…“ - Wissenschaftliches Kolloquium zum reformatorischen Umbruch

veröffentlicht am: 27.09.2016

Das Kulturamt informiert

Zwickau erwartet Historiker aus ganz Deutschland

Rund 75 Teilnehmer werden zu dem wissenschaftlichen Kolloquium erwartet, das kommende Woche im Bürgersaal des Zwickauer Rathauses stattfindet. Historiker aus ganz Deutschland beschäftigen sich am 6. und 7. Oktober in unterschiedlichen Beiträgen mit dem reformatorischen Umbruch in Zwickau. Kurzentschlossene können sich für die Tagung noch anmelden. Ebenso gibt es vor Ort eine Tageskasse. Informationen zu dem Kolloquium sind auf den Internetseiten des Stadtarchivs Zwickau zu finden (www.zwickau.de/stadtarchiv). Zwickau gilt als zweite Stadt, in der sich die Reformation vollumfänglich durchsetzen konnte.

„Martinus halbenn…“ – Mit diesen Worten eröffnet das Ratsprotokoll vom 28. April 1522 die tagesgeschäftliche Debatte im Gremium des Zwickauer Stadtrates. Gemeint war der Wittenberger Reformator Martin Luther. Angesichts der aufgebrachten Stimmung in der Stadt, die keinen Monat zuvor Schauplatz eines gewalttätigen Überfalls auf das Klostergut der Grünhainer Zisterzienser geworden war, war es Luther, und nur er allein, der in den Augen der Ratsmitglieder kraft seiner Autorität wieder Ruhe und Ordnung in den gesellschaftlichen und kirchlichen Alltag bringen konnte. Ihm vertraute man die Sicherung des reformatorischen Umbruchs an.

Diesem markanten gesellschaftspolitischen Umbruch nachzugehen, den die neuaufkommende evangelische Bewegung besonders für Zwickau mit sich brachte, haben sich Historikerinnen und Historiker aus ganz Deutschland zur Aufgabe gestellt. Sie präsentieren ihre Ergebnisse auf dem wissenschaftlichen Kolloquium. So vielgestaltig wie die Reformation selbst, ist das Themenangebot der Tagung bewusst breit und interdisziplinär ausgelegt. Damit sollen möglichst alle Gesellschaftsbereiche zur Sprache kommen, die von der reformatorischen Erneuerung betroffen waren.

Neben rein ereignisgeschichtlicher Darstellungen, u.a.  zum reformatorischen Verlauf in Sachsen unter Kurfürst Friedrich dem Weisen und Johann dem Beständigen (Prof. Armin Kohnle), der Bürgerreformation in Zwickau (Silva Teichert) oder dem Aufenthalt Luthers in Zwickau (Dr. Michael Löffler), kommen ferner wesentliche Aspekte der Schul- und Bildungsgeschichte zur Sprache, wie z. B. ein Vortrag über die „Zwickauer Schleifmühle“ (Dr. Lutz Mahnke) oder eine Ausführung über die Stellung Zwickaus „in der mitteldeutschen Bildungslandschaft des 16. Jahrhunderts (Alexander Sembdner). Zudem erwarten den Besucher Einblicke in die bewegte Kunstlandschaft dieser Epoche. Dr. Magdalena Magirius widmet sich in ihrem Vortrag dem dramatischen Künstlerschicksal Peter Breuers aus Zwickau, indem sie seine zunehmende Zurückdrängung aus der künstlerischen Öffentlichkeit nachzeichnet. Zum Cranach-Altar aus der Katharinenkirche und seiner Umnutzung im Laufe der Geschichte wird Prof. Thomas Pöpper berichten.

Eine thematische Neuheit bildet der Vortrag Prof. Christel Köhle-Hezingers, die einen kulturgeschichtlichen Streifzug durch die evangelische Pfarrhaus- und Familiengeschichte wagt und dabei nach Umfeld und Kontext des evangelischen Pfarrhauses und dessen Wirkungen bis heute fragt. Thematisch ebenfalls bemerkenswert ist der Ausflug in die nachreformatorische Musikpflege anhand von Zwickauer Kantoren, die Gregor Herrmann ausgehend von einem Überblick der städtischen Musikpflege um 1500 entwicklungsgeschichtlich nachzeichnen wird.

Ausführungen mit kirchen- und frömmigkeitsgeschichtlichem Schwerpunkt, wie Prof. Thomas Kaufmanns Vortrag über die berühmt-berüchtigten „Zwickauer Propheten“, Dr. Jörg Voigts Ausführungen zu den Zwickauer Franziskanern  oder Dr. Julia Kahleyß Einblick in die Zwickauer Predigerpersönlichkeiten leiten schließlich zur Frage nach der seelsorgerischen Reformbedürftigkeit über. Dieser nehmen sich Dr. Stefan Michel (liturgische Reformen) und Dr. Heiko Jadatz (kirchliche Strukturreform anhand der Visitationen) an. Freilich stehen diese Fragen vor dem Hintergrund, wie Ordnung und Macht gerade in einer Stadt wie Zwickau gesichert werden, die sich sehr schnell reformierte. Die „flexiblen Faktoren“ zu beschreiben, die hinter diesen Begriffen stehen, wird Aufgabe Prof. Helmut Bräuers sein.

"Martinus halbenn..." Zwickau und der reformatorische Umbruch - wissenschaftliches Kolloquium 6./7. Oktober 2016 in Zwickau; Anmeldungen bis 9. September 2016 möglich
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