Das Kulturamt informiert:
Wissenschaftliches Kolloquium am 6. und 7. Oktober 2016 in Zwickau
„Martinus halbenn... – Zwickau und der reformatorische Umbruch“ lautet der Titel eines Kolloquiums, das am 6. und 7. Oktober im Rathaus der Stadt Zwickau stattfindet.
Historiker aus dem gesamten Bundesgebiet beleuchten, wie es dazu kam, dass die Reformation hier schon frühzeitig so erfolgreich verlaufen konnte und stellen diese Entwicklung in den gesamtgesellschaftlichen Kontext dieser Zeit. Anmeldungen für die Tagung sind bis zum 9. September möglich. Informationen sind auf den Internetseiten des Stadtarchivs Zwickau zu finden (www.zwickau.de/stadtarchiv).
Zwickau – „Reformationsstadt Europas“
„Reformationsstadt Europas“ – dieses Prädikat bekam Zwickau 2016 verliehen. Zu Recht! Zwickau, im 16. Jahrhundert eine der bedeutendsten Städte im Kurfürstentum Sachsen, gilt nach Wittenberg als die zweite Stadt weltweit, in der sich die Reformation dauerhaft durchsetzen konnte. Hier erwuchs der Drang nach grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen aus den Reihen eines selbstbewussten Bürgertums und eines humanistisch orientierten Rates, der im engen Kontakt zu den Wittenberger Reformatoren stand. Luthers 95 Thesen sorgten für genügend Zündstoff auch in der Stadt Zwickau, die zunehmend im Spannungsfeld religiöser, sozialer und politischer Auseinandersetzung stand. Hier wirkten Persönlichkeiten wie Johannes Wildenau (Egranus), die großen Gelehrten Georgius Agricola und Stefan Roth, der erste protestantische Superintendent Nikolaus Hausmann sowie Martin Luther selbst. Während seiner Zeit als Zwickauer Stadtprediger entwickelte zudem Thomas Müntzer seine von Mystik und Sozialutopie geprägte Theologie, die ihn unwiderruflich von der Wittenberger Reformationsbewegung trennen sollte. Die „Zwickauer Propheten“ leiteten die Praxis der freien reformatorischen Laienpredigt ein, die sich deutschland- und europaweit auszubreiten begann.
Im religiösen Leben spielte neben den Stadtkirchen St. Marien und St. Katharinen das Franziskanerkloster eine zentrale Rolle und die Zwickauer Lateinschule verfügte über einen exzellenten Ruf als humanistische Bildungsstätte weit über die Grenzen der Stadt hinaus.
Das Tagungsmotto selbst bezieht sich auf eine Eintragung im Ratsprotokoll vom 28. April 1522, die unter dem Punkt „Martinus halbenn“ den Entschluss des Rates dokumentiert, wegen religiöser Unruhen in der Einwohnerschaft Martin Luther nach Zwickau zu bitten.
Das Wissenschaftliche Kolloquium
Basierend auf dem aktuellen Forschungsstand reflektieren namhafte Historiker aus dem gesamten Bundesgebiet anhand von Streiflichtern quer durch die Geschichte Zwickaus des beginnenden 16. Jahrhunderts, wie es dazu kam, dass die Reformation hier im Unterschied zu anderen deutschen Städten verhältnismäßig früh erfolgreich durchgesetzt werden konnte. Dabei stellen sie diese Entwicklung in den gesamtgesellschaftlichen Kontext dieser Zeit. Breitgefächerte Referate, u.a. über die Zwickauer Propheten als erste Laienprediger, zu Predigerpersönlichkeiten und zur Bildung im 16. Jahrhundert sowie zu den Schul- und Kirchenvisitationen im Zuge der Reformation, aber auch zum Leben im evangelischen Pfarrhaus und zur zeitgenössischen Kirchenmusik stehen exemplarisch für eine Zeit des Aufbruchs in Europa. Es wird der Bildschnitzer Peter Breuer, dessen Leben durch die Reformation eine dramatische Wendung nahm und damit symbolisch für viele Künstler dieser Zeit steht, ebenso in den Fokus der Öffentlichkeit gestellt wie die neuesten Forschungsergebnisse zum Kunigundenaltar in der Katharinenkirche. All das sorgt für ein abwechslungsreiches Programm.
Zu den Referenten zählen u.a. Prof. Thomas Kaufmann, Vorsitzender des Vereins für Reformationsgeschichte und Universitätsprofessor an der Theologischen Fakultät der Universität Göttingen, sowie Prof. Armin Kohnle, Lehrstuhlinhaber für Spätmittelalter, Reformation und Territoriale Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig. Abgerundet wird die Tagung durch ein Rahmenprogramm, zu dem eine Führung in der Marienkirche in Verbindung mit einem kleinen Orgelkonzert sowie eine Stadtführung auf den Spuren der Reformation gehören.
Das Kolloquium reiht sich in eine Vielzahl nationaler und internationaler Veranstaltungen im Rahmen des Reformationsjubiläums 2017 ein und wird nicht nur für Zwickau einer der Höhepunkte hierzu sein.