Der Südseereise von Max und Lotte Pechstein ist die neue Sonderausstellung in den KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum gewidmet, die vom 9. Juli bis 3. Oktober zu sehen ist. Präsentiert werden neben Gemälden und Arbeiten auf Papier selten oder bisher noch nie gezeigte Exponate, wie etwa die Reisetagebücher oder ein Tagebuch-Fragment von Max Pechstein. Außergewöhnlich ist, dass den Südseeinterpretationen des Künstlers völkerkundliche Objekte und historische Aufnahmen gegenübergestellt werden. Zu den „Highlights“ der Ausstellung gehören der Hausbalken aus dem Dorf Ngarbuked (Palau) vom Museum für Völkerkunde in Dresden und die Nachbildung eines Palau-Hauses.
Im Rahmen des umfangreichen Begleitprogrammes finden verschiedene Vorträge und Führungen sowie Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche statt. Im Kerber Verlag erscheint eine mit zahlreichen Abbildungen versehene Begleitpublikation von Aya Soika, in der erstmals vollständige Transkriptionen der Reisetagebücher von Max und Lotte Pechstein enthalten sind.
Max Pechstein wurde am 31. Dezember 1881 in Zwickau geboren. Im April 2014 wurde in den KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU das Max-Pechstein-Museum eröffnet, das Arbeiten aus allen Schaffensphasen des Künstlers zeigt. Unterstützt wird die Sonderausstellung „Der Traum vom Paradies – Max und Lottes Reise in die Südsee“ von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Sparkasse-Zwickau, der Ernst von Siemens Kulturstiftung, dem Kulturraum Vogtland-Zwickau, der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie dem Förderverein „Max Pechstein“ – Kunstsammlungen Zwickau e.V.. Das Max-Pechstein-Museum wird zudem kontinuierlich durch die Zwickauer Energieversorgung GmbH (ZEV) gefördert.
Die Reise in die Südsee
Die Reise von Max Pechstein und seiner jungen Frau Lotte zu den Palau-Inseln im Südpazifik ab 1914 war vom Wunsch motiviert, „allem Gezwungenen und Kultivierten“ zu entfliehen. Rückblickend vom Künstler als großes Abenteuer beschrieben, war die Fahrt jedoch voller Strapazen und nahm mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs einen unvorhergesehenen Verlauf. Es ist den wenigsten bewusst, dass die Reise in die Südsee und vor allem der beschwerliche Rückweg zusammen genommen wesentlich länger dauerten als der Aufenthalt am eigentlichen Ziel. Die in der deutschen Kolonie verbrachte Zeit wurde jedoch für Max Pechstein ab 1917 zu einem bedeutenden Thema seiner Kunst und bildet den Höhepunkt seiner Memoiren.
Nach Pechsteins Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg wurde Palau zum Schlüsselmotiv seiner Kunst. In Hunderten von Gemälden und in einer Lithographie-Mappe übermittelte er in den Jahren ab 1917 dem Berliner Kunstpublikum sein romantisiertes Bild der Südsee. Pechsteins Gemälde wurden mit einer Mischung aus Exotismus-Faszination und – aufgrund des durch den Weltkrieg verursachten Verlustes der deutschen Südseekolonien – Nostalgie aufgenommen. Die Klischees vom unberührten Wilden waren in Rezensionen allgegenwärtig.
Die Sonderausstellung
Doch inwieweit erfüllten sich Pechsteins Vorstellungen vom unberührten Paradies? Was erlebten er und seine Frau tatsächlich?
Zahlreiche Ausstellungen beschäftigten sich bereits mit dem Thema, sowohl mit dem Einfluss des Exotischen für die Kunst der Moderne, insbesondere der „Brücke“-Künstler als auch ganz konkret mit den direkten Inspirationen der außereuropäischen Kunst auf das Werk Max Pechsteins. Vor 20 Jahren zeigte das Museum in Zwickau schon einmal eine Ausstellung unter dem Titel „Max Pechstein. Das ferne Paradies“, in der das idealisierte Sehnsuchtsbild „Südsee“ des Künstlers thematisiert wurde.
Die Schenkung des Lotte-Tagebuchs durch die Max Pechstein-Urheberrechtsgemeinschaft an das Museum in Zwickau war der Anlass, sich dem Thema der Südseereise erneut und intensiver zu widmen und die Beobachtungen sowie die Perspektive der mitreisenden Ehefrau mit Pechsteins Schilderungen aus seinen Erinnerungen, aber auch mit neu ausgewerteten Dokumenten (Briefe, Postkarten und Zeitungsberichte) zusammenzuführen. So ist das in einer Durchschrift erhalten gebliebene Tagebuch-Fragment von Max Pechstein, der Forschung bisher nur auf einen alten Diafilm bekannt, erstmals vollständig zu sehen und in die Untersuchungen einbezogen worden. Lottes Tagebuch-Einträge sind bis heute größtenteils unbekannt, wie auch einige bislang unveröffentlichte Zeichnungen, die während der Reise entstanden, und ein im Werkverzeichnis als verschollen gelistetes Gemälde aus Privatbesitz. Überhaupt sind viele Werke in der Ausstellung aus Privatsammlungen und deshalb bisher kaum gezeigt worden.
Neben dem Tagebuch von Lotte Pechstein und dem aus 40 Einzelblättern bestehenden Tagebuchfragment von Max Pechstein sind 15 Gemälde und 38 Arbeiten auf Papier des Künstlers zu sehen, aber auch zahlreiche Briefe, Postkarten, Zeitschriften, angewandte Arbeiten (Paravent, Schmuck) und eine historische Filmaufnahme von Pechstein bei der Arbeit an einem Südsee-Gemälde.
Eine Besonderheit der Ausstellung ist, dass der künstlerischen Sicht Pechsteins reale völkerkundliche Palau-Objekte und historische Fotografien gegenübergestellt werden, die ein realistischeres Bild der Südsee während der deutschen Kolonialzeit geben. Die Schau wird bereichert durch Zitate, Großfotos und – als besondere Attraktion – die Nachbildung eines Palau-Hauses, in dem museumspädagogische Veranstaltungen stattfinden. Zu sehen ist auch der sogenannte »Palau-Balken« aus Dresden, der einst die Kunst der jungen „Brücke“-Künstler stilistisch prägte. Die Ausstellung möchte somit auch beantworten, welche Rückschlüsse Pechsteins Werke auf das Leben und die Kultur der Palauer tatsächlich zulassen und inwiefern diese gleichzeitig auch als Zeugnisse der gesellschaftlichen und künstlerischen Vorstellungen der spät-wilhelminischen Gesellschaft zu verstehen sind.
Informationen zum Begleitprogramm, zu den Öffnungszeiten und zu Preisen sind in dem Ausstellungsflyer sowie auf den Internetseiten der KUNSTSAMMLUNGEN zu finden.