Wie alle Industrieunternehmen im Deutschen Reich, so stellte auch die Auto Union AG nach Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 ihre Produktion auf Kriegsgüter um. Ziel des neuen Ausstellungsbereiches im August Horch Museum ist es, die Rolle der Auto Union im Reigen der Kriegsproduzenten darzustellen, aber auch bewusst zu machen, wie sehr sich das Unternehmen in den Kriegsjahren vom zivilen Kfz-Hersteller zum reinen Kriegsproduzenten wandelte.
Mit diesem Wandel einher und verstärkt durch die ab 1943 fast vollständige Fertigung von Lizenzprodukten erfolgte ein Wechsel im Selbstverständnis der Auto Union. Die „Vier Ringe“ verschwanden aus der Wahrnehmung der Menschen.
Begleitet wurde diese Entwicklung von einem immer größeren Bedarf an Mitarbeitern, der schon bald nur noch durch Fremdarbeiter aus dem angrenzenden Ausland bzw. den besetzten Gebieten gedeckt werden konnte. Es folgten Kriegsgefangene und „Ostarbeiter“. Mit Fortdauer des Krieges siegte die Ökonomie über Menschlichkeit und Ethik. Ab September 1944 wurden auch bei der Auto Union KZ-Häftlinge in der Produktion eingesetzt. Diesem Themenkomplex wird ein eigener Ausstellungsbereich gewidmet.
Rüstungs- und Kriegsproduktion der Auto Union
Unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers 1933 begann die nationalsozialistische Regierung mit der Aufrüstung der Deutschen Reichswehr (ab 1935 Wehrmacht). Kernstück der Aufrüstung war die moderne Bewaffnung und die durchgängige Motorisierung des Heeres. Der sprunghaft steigenden Nachfrage nach Militärfahrzeugen entsprachen auch die deutschen Pkw-Hersteller, zunächst durch Anpassung von Serien-Pkw an die spezifischen Bedingungen des militärischen Einsatzes. Bei der Auto Union waren dies vor allem Kübelwagen der Marken Horch, Wanderer und DKW.
Erzielte die Auto Union 1938 noch 80 Prozent ihres Gewinnes mit der zivilen Pkw-Fertigung, so wurde mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs die zivile Pkw-Fertigung schrittweise eingestellt. Ein sogenanntes Auslaufprogramm erlaubte die Verwertung noch vorhandener Materialbestände.
Mit Fortdauer des Krieges stieg der Bedarf an Kriegsgütern an. Dazu eingeleitete Rationalisierungsmaßnahmen in der Kriegswirtschaft unter dem Reichsminister für
Bewaffnung und Munition Albert Speer führten ab dem Frühjahr 1942 zu einer organisatorischen Straffung der Kriegsproduktion. In der Folge musste die Auto Union die Fertigung eigener Produkte weitgehend einstellen und die Produktion auf den Nachbau
von Lizenzprodukten umstellen. So entstanden in den Werken der Auto Union zunehmend
fremde Produkte in Lizenz, wie Hanomag Halbkettenfahrzeuge und Maybach Panzermotoren, Steyr Lastwagen und Raupenschlepper, Bosch Magnetzünder für Flugmotoren, Torpedos und Maschinengewehre. Einzig das DKW Werk in Zschopau blieb bis kurz vor Kriegsende bei seinen angestammten Produkten: Zweitakt-Stationärmotoren und Motorräder.
Auto Union Werbung in Kriegszeiten – Erinnerungsanzeigen und Kriegsprodukte
Mit der massiven Ausweitung der Kriegsproduktion übernahm die Auto Union immer mehr Lizenzprodukte. In der öffentlichen Wahrnehmung war die Auto Union damit als eigenständiger Kraftfahrzeughersteller kaum noch präsent. Dennoch war es das Bestreben der Unternehmensleitung, den einstigen Zivilkunden auch in Kriegszeiten nicht ganz aus den Augen zu verlieren.
Als im Juni 1940 der Frankreichfeldzug endete, wurde allgemein mit dem baldigen Ende des Krieges gerechnet. Die Auto Union verstärkte daraufhin die Bemühungen um die Weiterentwicklung des DKW F 9 zur Serienreife, mit dem man 1941 an die Erfolge im Bau von Zivilfahrzeugen wieder anknüpfen wollte. Der Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion im Juni 1941 ließ jedoch alle Friedenshoffnungen platzen.
Als es keine eigenen Produkte mehr zu bewerben gab, nutzte die Auto Union „gegen das Vergessen“ die so genannte Erinnerungswerbung. Schließlich wollte man nach Kriegsende wieder für die Privatkunden da sein. Die Auto Union wählte hierzu eine sehr ruhig gestaltete Werbung, die vor allem die Sehnsucht nach Frieden zum Ausdruck brachte. Allerdings waren die Werbeabteilungen auch hier in ihren Möglichkeiten stark eingeschränkt. Um Papierverschwendung zu vermeiden, wurde den Firmen ab 1943 nur noch eine Viertelseite Erinnerungswerbung in den Fachzeitschriften zugestanden und 1944 ganz verboten.
Zwangsarbeit im Auto-Union-Konzern
Seit Herbst 1940 beschäftigte der Auto-Union-Konzern zunächst neben Frauen und Dienstverpflichteten auch Zivilarbeiter aus Westeuropa, die bis 1943 die Mehrzahl stellten. Ab Mai 1941 stieg die Gesamtzahl der Fremd-/Zwangsarbeiter/innen durch den Einsatz Kriegsgefangener aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, später Polen, der Ukraine und Weißrussland auf rd. 750. Da der Anteil an Facharbeitern unter den Zwangsarbeitern gering
war, wurden 1942 gezielt bis zu 950 Fachkräfte aus Frankreich von Citroen zwangsverpflichtet. Nachdem sich die Auto Union bereits 1943 in Polen mit einer unbekannten Anzahl "Arbeitsjuden" versorgt hatte, beantragte die Konzernleitung 1944 eine Zuweisung von 1000 arbeitsfähigen KZ-Häftlingen für das Zwickauer Horch Werk. Das Außenlager des KZ Flossenbürg wurde im September 1944 mit 210 Häftlingen bei Horch eingerichtet und hatte 1945 im Februar 966 Insassen.
Ein Sonderfall war das böhmische KZ-Außenlager Leitmeritz (Litoměřice). Hier entstand das unterirdische Ausweichobjekt für das Panzermotorenwerk in Siegmar. Im Gegensatz zu den von der Auto Union ab Ende 1944 in Leitmeritz eingesetzten ca. 700 Produktions-Häftlingen unterstanden die Bau-Häftlinge der SS. Von geschätzt 18.000 SS-Bauhäftlingen starben mindestens 4.500 auf der Baustelle durch Seuchen, Unterernährung, Arbeitsunfälle, Hinrichtungen etc. Weitere 1200 Todkranke wurden zur Ermordung in das KZ Bergen-Belsen abtransportiert. Zahllose Opfer forderten auch die „Todesmärsche“ zu Kriegsende.
Anfang 1945 waren rund 17.300 Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene sowie 3.700 KZ-Häftlinge im Auto Union-Konzern beschäftigt – zusammen rund 42 Prozent der Gesamtbelegschaft.