Neue Ausstellung: RE:BELLION // RE:LIGION // RE:FORM

veröffentlicht am: 29.10.2015

Bildende Kunst von der Reformation bis heute Unmut und Auflehnung bringen stets eine eigene visuelle Kultur hervor. Künstler reagieren auf gesellschaftliche Umbrüche seit je her mit neuen Ausdrucksformen und Medien. So nutzten Meister wie Albrecht Dürer und Lucas Cranach den leicht zu vervielfältigenden Holzschnitt für ihre Botschaften. Ausgehend von der Reformationszeit will die international angelegte Ausstellung bildende Kunst in Umbruchsituationen bis in die Gegenwart hinein vorstellen.

Insofern spannt sich der Bogen der Objekte von spätmittelalterlichen Druckgrafiken religiösen Inhalts, z.B. Cranachs „Passional Christi vnd Antichristi“ von 1521, politischen Avantgardeplakaten aus der frühen Sowjetunion, expressiven Holzschnitten von Karl Schmidt-Rottluff und Max Pechstein bis zur Street-Art der ägyptischen Revolution seit 2011 sowie Installationen und Videoarbeiten. In Zusammenarbeit mit internationalen Künstlern der Ausstellung wird eine Buchedition in Kooperation mit dem LUBOK-Verlag Leipzig entstehen.

Religion und Krisen

Spannungen in Glaubensfragen und soziales Unbehagen lösen Umbrüche aus. Insofern stehen Reformation und Deutscher Bauernkrieg modellhaft für komplexe Krisensituationen. Blicken wir heute auf den Arabischen Frühling, nach Israel und Palästina, auf die Islamische Republik Iran, auf den langjährigen Bürgerkrieg in Sri Lanka oder auf Russlands wieder erstarkte Orthodoxie, so wird klar: Allzu oft begleiten religiöse Dispute die Kontroversen oder lösen sie gar aus. Konträre religiöse Ansichten liefern Rechtfertigungen für Aufstand und Gewalt. Das hat sich seit fünfhundert Jahren nicht geändert. Dabei funktioniert bildende Kunst nicht nur als Kommentar, sondern auch als Katalysator. Häufig nimmt sie dabei neue Formen an. Nicht von ungefähr widmet sich die Lutherdekade 2015 dem Thema von Bild und Wort. Denn im Umfeld des Bauernkrieges entstand mit den Einblattdrucken ein innovatives Medium. Flugschriften der Protestanten verbreiteten die Ideen der Reformation. Die polemisch zugespitzten Holzschnitte trafen den Nerv der Zeitgenossen. Sie waren leicht reproduzierbar, erschwinglich und erreichten ein großes Publikum.

Flugschriften im Update

Unmut und Auflehnung erzeugen also ihre eigene visuelle Kultur. Mit globalem Radius verfolgt Re:bellion // Re:ligion // Re:form diese Phänomene. Ein Spezialprojekt in Kooperation mit dem LUBOK-Verlag Leipzig dockt genau zwischen Historie und Aktualität an. Die exzellenten Linolschnittbücher von LUBOK fußen auf der Tradition alter russischer Bilderbögen und damit auf einem demokratischen Zugang zu Kunst.

Für die einzigartige Edition produzierten Künstler aus allen Weltgegenden neue Linolschnitte mit aktuellem politischen Inhalt: Ägypten, Südsudan, Sri Lanka, Indien, Israel, USA, Russland und Deutschland. Pointierte, auch satirische Blätter fangen den Zeitgeist und die Zustände in Krisenregionen ein. Sie transportieren aktuelle Geschichte in ein zeitloses Medium. Nicht zu vergessen, dass Flugblätter, Cartoons oder Schablonengraffitis heute im Klima von Auf- und Umbrüchen mindestens genauso relevant sind, wie einst die Holzschnitte.

Von Lucas Cranach bis Nina Paley

Weitere präsentierte Werke halten den brisanten Spannungsbogen: Cranachs Holzschnitte etwa oder vorreformatorische Kultbilder in sogenannten „Götzenkammern“ überdauerten, außerdem die selten gezeigten „ROSTA-Fenster“ der sowjetischen Avantgarde sowie expressionistische Reaktionen auf religiöse Themen nach 1918.

Hochaktuelle Installationen und Videoarbeiten setzen sich direkt mit der Gegenwart auseinander: Lichtarbeiten von Daniel Rode, seit 2011 in Kairo entstanden; der Film „This Land is Mine“, eine tragikomische Geschichte Israels von Nina Paley; religionskritische Fahnenobjekte von Nadia Plungian und Till Ansgar Baumhauers Referenzen zu afghanischen Kriegsteppichen.

Beteiligte Künstler

Geschichte:
Hans Brosamer, Jacques Callot, Lucas Cranach d. Ä., Albrecht Dürer, HAP Grieshaber, Lea Grundig, Max Pechstein, Erhard Schön, Dziga Vertov

Gegenwart:
Khalid Wad Albaih (Südsudan/Katar), Till Ansgar Baumhauer (D), Jan Brokof (D), Markus Draper (D), Ganzeer (Ägypten), Maripelly Praveen Goud (Indien), Viktoria Lomasko (RU), Nina Paley (USA), Nadja Plungian (RU), Pala Pothupitiye (Sri Lanka), Daniel Rode (D), Daniel Sasson mit Eran Segal (Israel), Henrik Schrat (D), Gabriele Stötzer / Künstlergruppe Erfurt (D)

Kuratorinnen
Susanne Altmann, Dr. Petra Lewey


Die Ausstellung „RE:BELLION // RE:LIGION // RE:FORM. Künstler agieren im Umbruch“ in den KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum findet im Rahmen der Lutherdekade statt und wird vom 19. März bis 5. Juni 2016 im Städtischen Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen zu sehen sein.

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