Der Maler Hartwig Ebersbach kehrt mit einem Querschnitt aus seinem umfänglichen wie vielschichtigen Lebenswerk an seine Wurzeln zurück, in seine Geburtsstadt Zwickau. Damit ist der Begriff Retrospektive in zweifacher Hinsicht gerechtfertigt: Die Sonderausstellung ermöglicht sowohl den Blick auf ausgewählte Arbeiten aus dem Gesamtwerk als auch den Rückblick auf die eigene Herkunft. Gezeigt werden 80 Arbeiten aus dem Gesamtwerk des Künstlers, darunter auch zahlreiche Privatleihgaben, und wird in den Ausstellungsräumen im Nordflügel des Museums präsentiert. Die Ausstellung, zu der es ein umfangreiches Begleitprogramm gibt, wird am 15. Mai, 18 Uhr eröffnet und ist bis 9. August zu sehen.
Hartwig Ebersbach, 1940 geboren, entwickelte in dieser von Bergbau und Industrie bestimmten Arbeitergegend seine künstlerischen Anlagen. In der Zwickauer Mal- und Zeichenschule wurde sein Talent gefördert. Dem Künstler blieben die Besuche im Museum der Stadt, die Mineraliensammlung in den historischen Vitrinen, die Madonnen und Heiligenfiguren im Gedächtnis und mischten sich später mit den Erlebnissen und Erzählungen in der Familie; sie wurden – bewusst und unbewusst – auch Teil eines Repertoires für sein außergewöhnliches Werk.
In Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst bei Bernhard Heisig wurde das Talent weiter ausgebildet. Das weltoffenere Klima der Messestadt bot einen zusätzlichen fruchtbaren Boden. Der Künstler gehörte zur „expressiv-leidenschaftlichen" Gruppe der „Leipziger Schule“ (Lothar Lang). Im Vordergrund standen bei ihm nicht die großen gesellschaftspolitischen oder historischen Themen, die seine Leipziger Künstlerkollegen bearbeiteten. Bedeutend für Ebersbachs Kunst waren und sind eher „innere Welten“.
Erlebnisse, Erinnerungen, vor allem Träume und Fantasiegeschehen ebenso Reflexionen über die eigene Subjektivität und Individualität fließen in sein Werk ein, darüber hinaus aber auch die Auseinandersetzung mit Mythen, Sagen, Märchen und die Begegnungen mit exotischen, archaischen Kulturen. Diesen imaginären Kosmos setzt er mit vollem Körpereinsatz in expressive, leidenschaftliche, „wilde“ Malerei um.
Zu sehen sind u.a. der heimische Kaspar und der chinesische Regenbogenreiter Wuyi, die durch die Ebersbachschen Bild- und Traumwelten tanzen: unangepasst, antibürgerlich, fröhlich und frech. In der DDR war der Kaspar für Ebersbach eine Schutzfigur, ein Freigeist, ein Rollenspieler, um die kleinbürgerliche wie kleingeistige Enge auszuhalten. Ebersbach rettete die Figur des Kaspar auch nach dem Ende der DDR in die neue Zeit: ideologiefrei, radikal und nur der Kunst verpflichtet, wird er aus Farbmassen, rot und gelb, gespachtelt, gepinselt, getanzt – im wörtlichen Sinne mit Händen und Füßen.
16. Mai bis 9. August 2015
ECCE! Hartwig Ebersbach. Retrospektive
KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum
Lessingstraße 1, 08056 Zwickau
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 13 bis 18 Uhr. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.
Katalog zur Ausstellung:
ECCE! Hartwig Ebersbach
Herausgeber: Stadtverwaltung Zwickau, KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum
Texte: Andreas Höll, Petra Lewey
Gebundene Ausgabe: 108 Seiten, 70 Abbildungen
Verlag: MMKoehn Verlag Prenzlauer Allee 181, 10405 Berlin, www.mmkoehnverlag.de
ISBN: 978-3-944903-17-0
Preis: 30 Euro
Begleitprogramm zur Ausstellung
Freitag, 15. Mai 2015, 18 Uhr
Ausstellungseröffnung
21. Mai, 16. Juni, 9. Juli und 23. Juli 2015, jeweils 18 Uhr
Öffentliche Führung
Ein Rundgang zu ausgewählten Werken des international renommierten Künstlers Hartwig Ebersbach, dessen Wurzeln in Zwickau liegen. Neben frühen Arbeiten (Zwickauer Mal- und Zeichenschule, Kunsthochschule Leipzig) sind die wichtigsten Bilder aus den verschiedenen Schaffensphasen zu sehen. Im Überblick wird dieses Lebenswerk in der Führung vorgestellt und mit interessanten Einsichten zum Lebens- und Arbeitsumfeld des Künstlers anschaulich vermittelt.
Eintritt: Erwachsene 5 Euro, ermäßigt 2,50 Euro
Donnerstag, 11. Juni 2015, 18 Uhr
Tanzprogramm „Ebersbach bewegt“
Die vielseitige und sozial engagierte Tänzerin Emma Harrington führt mit Jugendlichen ein besonderes Tanzprogramm vor den Bildern von Hartwig Ebersbach auf. Dabei werden Themen, Motive, Ausdruck und Farbwahl aufgegriffen und in eine spannende, abwechslungsreiche Choreografie übersetzt. Dies ermöglicht einen bewegt-sinnlichen Zugang zu den „wilden“ Werken Ebersbachs, deren Ausdruckskraft gerade auch im Tanz nachzuvollziehen ist.
Eintritt: Erwachsene 5 Euro, ermäßigt 2,50 Euro, bis 18 Jahre frei!
Freitag, 7. August 2015, 18 Uhr
Museumssalon: Film und Kunstgespräch mit Hartwig Ebersbach
Auf die Frage, wie seiner Meinung nach ein Film-Porträt über ihn auszusehen hätte, antwortete Ebersbach mit einer Adressenliste von Künstlern, Kunsthistorikern und Freunden. Der Leipziger Filmemacher Norbert Wartig nahm das Angebot an. Er konstruierte aus den verschiedenen Gesprächen - u.a. mit Jutta Penndorf, Carsten Nicolai, Jörn Merkert, Judy Lybke, Karin Thomas - einen Film, der anfänglich noch mit den biografischen Auskünften des Künstlers, später mit den Antworten seiner Kunst-Kollegen auskommt.
Im Anschluss an den 35-minütigen Film „Der Maler Hartwig Ebersbach – Versuch einer Deutung“ kommt der Künstler Hartwig Ebersbach persönlich zu Wort. Das Gespräch führt der Filmemacher Nobert Wartig, der 2010 auch das Buch „Ateliergespräche mit Hartwig Ebersbach 2005-2009“ im LNW Verlag herausgegeben hat.
Eintritt: Erwachsene 6 Euro, ermäßigt 4 Euro
Für alle Veranstaltungen wird aufgrund begrenzter Platzzahl um Voranmeldung gebeten.
Führungen
für Gruppen und individuelle Angebote nach Absprache
Telefon 0375 834510; E-Mail kunstsammlungenzwickaude
Kinder- und Ferienprogramm: Frech wie Kaspar, wild wie Wuyi
Kinder von 6 bis 11 sind herzlich zu einer spannenden Begegnung mit der wilden Malerei von Hartwig Ebersbach eingeladen. Begrüßt vom Kasperle, schauen wir uns einige Bilder genauer an: Wo ist der Kasper zu finden? Was macht er? Wie ist er gemalt und warum überhaupt? Auf einem anderen Bild ist der kühne Regenbogenreiter Wuyi zu entdecken: Siehst du den Regenbogen? Und sind da etwa Fußabdrücke auf der Leinwand? Die Bilderwelten von Hartwig Ebersbach sind voller Fantasie und Farbe, genau wie die Lebenswelt von Kindern. Außerdem zeigt der Künstler in der Ausstellung einen Teil seiner eigenen Kasperpuppensammlung, und vielleicht bekommt der eine oder andere ja Lust, selbst etwas zu spielen?
Dauer: ca. 60 Minuten
Kosten: für Kita- und Hortgruppen frei, für Schulkinder 1,50 Euro, Erwachsene 2,50 Euro
Termine nur nach Voranmeldung, auch vormittags möglich
Ansprechpartner: Museumspädagogin Fabia Günther-Sperber, Telefon: 0375 834525, E-Mail: fabia.guenther-sperberzwickaude
(Fotos: Christoph Sandig, Leipzig/ © 2015 für alle Werke von Hartwig Ebersbach: VG Bild-Kunst, Bonn)