Das Kulturamt informiert:
Heft erscheint in der Reihe „Orte der Reformation“ der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig
Zwickau ist die zweite Stadt weltweit, in der sich im 16. Jahrhundert die Reformation durchsetzte. Nun ist in der Reihe „Orte der Reformation“ der Evangelischen Verlagsanstalt (EVA) eine Broschüre über die viertgrößte Stadt Sachsens erschienen. Das 82 Seiten umfassende Heft wurde heute in einem Pressegespräch öffentlich vorgestellt und ist ab sofort im Buchhandel, im Internet und in den Kultureinrichtungen der Stadt Zwickau erhältlich.
Die Bürgerreformation in Zwickau
Nachdem Martin Luther 1517 seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche schlug, setzte sich ein Prozess in Gang, der die Kirche bis heute beeinflusst. Seine Reformideen fielen besonders beim humanistisch-aufgeklärten Rat der Stadt Zwickau auf fruchtbaren Boden. Mit Egranus hatte man an der Marienkirche einen Pfarrer, der den Ideen Luthers offen gegenüberstand. Georgius Agricola, Rektor der örtlichen Lateinschule, verfasste 1519 ein Epigramm gegen den Ablasshandel und heftete dies nach dem Vorbild Luthers an die Tür der Marienkirche.
Als im Jahre 1520 Egranus den Rat der Stadt um Urlaub bat, wandte man sich Hilfe suchend an Martin Luther, der als Vertreter für die Predigerstelle seinen treuen Anhänger Thomas Müntzer in die Stadt an der Mulde sandte. Dieser übernahm zum 1. Mai 1520 das Predigeramt. Müntzer, der sich mit seinen zunehmend radikalen Ansichten, die er öffentlich vertrat, nicht nur Freunde in der Stadt machte, beeinflusste das Fortschreiten der Reformation dennoch maßgeblich.
Als die Konflikte mit den örtlichen Franziskanern zu groß wurden, entschied der Rat, Egranus früher als geplant aus seinem Urlaub zurückzuholen und Thomas Müntzer das Predigeramt an der Katharinenkirche zu übertragen. Man hoffte, durch die räumliche Trennung, den Frieden in der Stadt wieder herstellen zu können.
Doch weit gefehlt: Ab Oktober 1520 gärten neue Konflikte zwischen den beiden Predigern an Marien- und Katharinenkirche, die zunehmend auch die öffentliche Ruhe gefährdeten. Weihnachten 1520 gab es nach einer Müntzerpredigt einen tätlichen Angriff auf den Marienthaler Pfarrer Niklas Hofer. Doch besonders Bürgermeister Erasmus Stühler stellte sich vor Müntzer. Als Stühler am 2. April 1521 starb, wurde der Weg frei für neue Entscheidungen. Auf Beschluss des Rates entließ man Müntzer am 16. April 1521 aus dem Predigeramt.
Auch Egranus verließ die Stadt. Seinen Part übernahm als erster evangelischer Pfarrer Nikolaus Hausmann. Doch die Unruhen ebbten zunächst nicht ab und gipfelten im März 1522 im Sturm auf den Grünhainer Klosterhof. Um die Ruhe innerhalb der Bürgerschaft wieder herzustellen, wandte sich der Rat an Martin Luther direkt und bat ihn, in Zwickau zu predigen. Diesem Wunsch kam der Reformator auch nach und predigte Ende April/ Anfang Mai 1522 insgesamt viermal in der Muldestadt. Ab 1524 wurden alle Gottesdienste in deutscher Sprache gehalten – die Reformation hatte sich durchgesetzt.
„Orte der Reformation"
Mit der Reihe „Orte der Reformation“ lädt die Leipziger EVA dazu ein, sich auf Spurensuche des kirchen- und weltgeschichtlichen Ereignisses zu machen. Vom Genfer See bis zur Ostseeküste werden seit 2011 berühmte und weniger bekannte Schauplätze der Reformation vorgestellt. Bisher gibt es 22 Titel, beispielsweise zu Nürnberg, Erfurt, Wittenberg, Augsburg oder Torgau. Die Reihe wird fortlaufend erweitert.
Die Reformationsgeschichte in Zwickau steht dementsprechend im Mittelpunkt des Heftes Nr. 19. Silva Teichert, Leiterin des Stadtarchivs, beleuchtet umfassend die Bürgerreformation. Weitere Beiträge beschäftigen sich mit dem Alltag oder dem Schulwesen im 16. Jahrhundert, mit Martin Luthers Aufenthalt oder dem Bildhauer Peter Breuer. Vorgestellt werden ebenfalls die Kirchen der Stadt, zu denen bedeutsame wie der Dom St. Marien oder die Katharinenkirche ebenso gehören wie Kleinode, zu denen beispielsweise die Johanniskirche zählt. Daneben stellt die Broschüre weitere interessante Facetten der Stadt vor. Fehlen darf beispielsweise nicht der Blick auf „Schumanns Spuren“ oder ein Spaziergang von der Gründerzeit zum Jugendstil.
Den Band zu Zwickau kann man im Buchhandel und dementsprechend im Internet erwerben sowie in der Tourist Information Zwickau und den städtischen Kultureinrichtungen (Robert-Schumann-Haus Zwickau, Priesterhäuser Zwickau, KUNSTSAMMLUNGEN ZWICKAU Max-Pechstein-Museum, Ratsschulbibliothek Zwickau und Stadtarchiv Zwickau).
„Orte der Reformation – Zwickau“, Hrsg. Stadt Zwickau/Kulturamt, Evangelische Verlagsanstalt Leipzig, 2015, 82 Seiten, broschiert, ISBN: 978-3-374-04037-7, 9,90 Euro.