Sonderschau zu fast vergessener Automarke bis März 2013 zu sehen
Stand jüngst noch die Chemnitzer Marke PRESTO im Mittelpunkt einer Sonderausstellung, erinnert das Zwickauer August Horch Museum nun an eine weitere vergessene Fahrzeugmarke: die hessische Marke Röhr. Die aktuelle Sonderschau kam aufgrund einer Zusammenarbeit speziell mit Werner Schollenberger von der Automobilhistorischen Gesellschaft zustande. Sein privates Archiv dient der Ausstellung als roter Faden.
Wie das Horch Museum informiert, werden in der Ausstellung so viele Röhr-Wagen wie nirgendwo anders in der jüngeren Vergangenheit präsentiert. Zu sehen sind unter anderem eine Röhr 8 Typ RA Cabrio-Limousine, Baujahr 1931, die Stromlinienlimousine Röhr 8 Typ F, ein Röhr Junior Sportroadster, Baujahr 1934, ein Junior Limousinen-Cabriolet sowie ein Junior-Scheunenfund.
Über die Biografie von Hans Gustav Röhr sowie den Weg seines Teams um Joseph Dauben kann sich der Besucher ebenso informieren wie über Technik und Modellentwicklung. Werner Schollenberger erstellte zudem eine Broschüre über die Geschichte, die über das August Horch Museum vertrieben wird.
Zur Marke „Röhr"
Ende 1926 gründete der Automobilkonstrukteur Hans Gustav Röhr die Röhr Auto AG. Das neue Unternehmen übernahm die Werksanlagen der Falcon Automobilwerke in Ober-Ramstadt in Hessen. 1927 begann die Produktion des Röhr 8, des ersten deutschen Autos mit Einzelradaufhängung, Tiefkastenrahmen und Zahnstangenlenkung. In Leichtbauweise gefertigt wog er nur 1000 kg. Dieser Wagen war ein Meilenstein der europäischen Automobilentwicklung!
Autoausstellungen in Berlin, Paris und Genf machten den wegen seiner fortschrittlichen Bauweise als „Sicherster Wagen der Welt" bezeichneten Röhr 8 zum Begriff. Die Auftragsbücher der kleinen Firma füllten sich. Im Jahr 1929 fanden bis zu 800 Menschen Arbeit bei Röhr. Dann erfasste 1930 die Weltwirtschaftskrise auch die Röhr - Werke und das noch junge Unternehmen musste Konkurs anmelden.
Doch konnte 1931 mit neuen Geldgebern die Produktion weitergeführt werden. Ohne Hans Gustav Röhr an der Spitze, stellten die Neue Röhr Werke AG noch die Modelle Typ F und Typ FK, sowie Junior vor, für die bekannte Konstrukteure wie Ferdinand Porsche und Hans Ledwinka verantwortlich waren. Insgesamt wurden bis 1935 rund 4000 Fahrzeuge gefertigt. Besonders der Röhr Junior konnte auch auf sportlichen Veranstaltungen wie zum Beispiel bei der Deutschlandfahrt 1933 und 1934 oder der Alpenfahrt 1933 und 1934 Erfolge erzielen.
Aber auch die Zeit der Neue Röhr Werke AG war abgelaufen. Mangelnder Absatz und dadurch bedingte finanzielle Probleme, die sich auch auf Grund der „Arisierung" der Nationalsozialisten ergaben, setzten der von jüdischen Geldgebern getragen Firma ein Ende
Die Produktionseinrichtungen des Junior und zum Teil noch vorhandenes Material kauften die Stoewer Automobilwerke aus Stettin den Röhr-Werken ab. Die Firma Noll & Monnard übernahm die restlichen Materialbestände für den Röhr 8 und führte in den Räumen der ehemaligen Reparaturabteilung Wartungsarbeiten an Röhr-Wagen durch. Bis 1939 konnten sogar noch auf Wunsch Röhr 8 Typ F und auch Röhr Junior montiert werden. Danach war das Kapitel „Automobilbau" in Ober-Ramstadt endgültig beendet.
Heute existieren von den rund 4000 gebauten Wagen nur noch etwa 30 Stück.