Vortrag anlässlich der Wiedereröffnung des Lindenhofs vor 65 Jahren

veröffentlicht am: 15.09.2010

Das Stadtarchiv Zwickau lädt ein:

Dr. Jürgen Nitsche referiert über Kapellmeister Erwin Pollini

Anlässlich der Wiedereröffnung des Lindenhofs vor 65 Jahren lädt das Stadtarchiv Zwickau am 29. September in das Haus der Sparkasse (Crimmitschauer Str. 2) ein.

Dr. Jürgen Nitsche aus Chemnitz referiert dann über „Erwin Pollini (1899-1988) - Ein Kapellmeister mit jüdischen Wurzeln". Im Rahmen der Veranstaltung, die um 18 Uhr beginnt, zeigt das Stadtarchiv historische Ansichten und Veranstaltungsplakate des traditionsreichen Varietés, das 1992 geschlossen wurde.

Erwin Pollini, geboren am 30. September 1899, war der Enkelsohn des bekannten Hamburger Operndirektors Bernhard Pollini (eigentlich: Baruch Pohl), der die Hamburger Oper von 1874 bis 1897 leitete. Unter Fritz Berger, der 1934 den Lindenhof übernommen hatte, wirkte Erwin Pollini ab 1935 als Kapellmeister und hatte damit maßgeblichen Anteil am Erfolg des Lindenhofs als „Volksvarieté". 1942 wurde E. Pollini im Lindenhof verhaftet, nachdem ein Abstammungsbescheid vom Reichssippenamt in Berlin eingetroffen war. Im Herbst 1942 aus der Haft entlassen wurde er nach Chemnitz geschickt und hatte sich  bei der Gestapo zu melden. Nach Zwangsarbeit in einer Lampenfabrik in Chemnitz wurde er schließlich nach Auschwitz deportiert. Anfang 1945 gelang ihm die Flucht von einem Häftlingstransport. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm er wieder die Leitung des Orchesters des Lindenhofs. Pollini trat verschiedentlich als Komponist hervor. Eines seiner bekanntesten Werke war die Operette „Stern der Liebe". Er war mehrmals verheiratet und hatte mehrere Kinder.

Pollini verstarb am 1. Februar 1988 in Zwickau.

Der Lindenhof wurde 1893 durch Bruno Beyer als „Grand Ball Etablissement" eröffnet. 1903 wurde bei Umbauarbeiten der Saal um die Hälfte vergrößert und ein Garten angelegt, der als schönster und beliebtester Sommergarten Zwickaus mit Alpenpanorama galt. Der Saal wurde jetzt für Varieté-Veranstaltungen genutzt. Als Beyer 1918 starb, setzte ein Niedergang des Lindenhofs ein. Nach der Übernahme des Hauses durch Fritz Berger 1934 wurden regelmäßige Varieté-Veranstaltungen durchgeführt. Der Lindenhof Zwickau wurde nun international bekannt. Bei dem Bombenangriff auf Zwickau am 19.03.1945 wird das Bühnenhaus des Lindenhofs getroffen. Aber Berger gelingt die Wiedereröffnung bereits am 01.09.1945 auf provisorischer Bühne. In der Nacht vom 2. zum 3. Januar 1946 zerstört ein Brand das Bühnen- und Zuschauerhaus vollständig. Der Wiederaufbau gelingt unter Schwierigkeiten bis 1950. Am 01.09.1950 konnte der Lindenhof als mit 1500 Plätzen größtes Varieté Sachsens wiedereröffnet werden. Viele bekannte nationale und internationale Künstler traten hier auf. Ende der 1960er Jahre wurde er Kreiskulturhaus, knüpfte aber mit seinen Programmen an die Varieté-Tradition an. Im Sommer 1992 wurde das Haus geschlossen. 2003/2004 erfolgten der Abriss und die Errichtung eines Einkaufsmarktes auf dem Areal.

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