Dem Verborgenen auf der Spur
Am ersten Märzwochenende findet bundesweit zum fünften Mal der Tag der Archive statt, initiiert vom Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V.
Das Stadtarchiv Zwickau beteiligt sich zum zweiten Mal an dieser Aktion, die alle zwei Jahre durchgeführt wird.
Das Motto des diesjährigen Tages der Archive „Dem Verborgenen auf der Spur" und das Gedenken an den 200. Geburtstag des Komponisten Robert Schumann waren Anlass, in den Beständen des Stadtarchivs gezielt nach Zeugnissen des Lebens und Wirkens von Robert Schumann und seiner Familie sowie zur Pflege des Schumann-Erbes in Zwickau zu suchen. Im Ergebnis können zahlreiche bisher weniger bekannte Dokumente der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Die „Schumanniana des Stadtarchivs" sind am Samstag, dem 6. März ab 10 Uhr, am Sitz des Archivs, Lessingstraße 1, zu besichtigen. Bei einem Vortrag mit anschließender Führung werden ausgewählte Archivalien zu dieser Thematik vorgestellt. Dazu gehören unter anderem der Kaufvertrag zwischen dem Vater Roberts, August Schumann, und Johanne Sidonie Weise über das Haus Nr. 550 in der Amtsgasse, das Jugendhaus Robert Schumanns, und das Testament von August Schumann aus dem Jahr 1826, in dem er seinen Sohn mit der Finanzierung eines dreijährigen Studiums und einem Wiener Flügel bedachte.
Außerdem sind Unterlagen zur Errichtung eines Schumann-Denkmals in Zwickau zu sehen, dessen Weihe am 8. Juni 1901 erfolgte, sowie Dokumente zur Einrichtung eines Robert-Schumann-Museums und vieles andere mehr. Bei Magazinführungen können die Besucher weitere Schätze des Stadtarchivs besichtigen, vor allem auch solche, die eines besonderen konservatorischen Schutzes bedürfen und deshalb nur selten in der Öffentlichkeit gezeigt werden.
Der Tag der Archive dient nicht nur dazu, wertvolle Archivalien zu präsentieren, gleichzeitig soll darauf aufmerksam gemacht werden, welche Bedeutung dem Schutz und der Bewahrung des schriftlichen Kulturgutes zukommt.
Insbesondere die Katastrophe von Köln am 3. März 2009, der Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln, hat diese Notwendigkeit schmerzlich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückgerufen. Das Kölner Stadtarchiv, das als das bedeutendste Kommunalarchiv nördlich der Alpen gilt, hat in seinen Beständen nicht nur Zeugnisse aus über 1000 Jahren Kölner Stadtgeschichte. Vielmehr befinden sich darunter wertvolle mittelalterliche Handschriften und bedeutende Nachlässe wie der von Heinrich Böll. Ein großer Teil des mehr als 30 000 laufende Regalmeter umfassenden Archivguts lag nach dem Einsturz des Gebäudes unter den Trümmern in einem bis 20 Meter tiefen Einsturztrichter sowie in einem 8 Meter hohen Schuttberg. Mit Hilfe zahlreicher Helfer aus dem In- und Ausland konnte inzwischen ein Großteil der Archivalien, oftmals nur als unförmige Klumpen, geborgen werden. Von wertvollen Urkunden, Plänen, Rissen oder Fotos waren nur noch Fragmente übrig. Aber zahlreiche Dokumente waren auch nahezu unversehrt. Insgesamt wurde ein Drittel des Archivguts schwer geschädigt, die Bestände auseinander gerissen. Die Restaurierung und Zusammenführung der Kölner Archivbestände wird eine jahrzehntelange Arbeit erfordern, man rechnet dafür mit 6000 Personenjahren.
Wie viele Berufskollegen deutschlandweit zeigten sich auch die Zwickauer Archivare sofort mit ihren Kölner Kollegen solidarisch. Im Mai des vergangenen Jahres waren sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtarchivs Zwickau eine Woche lang im Einsatz im Erstversorgungszentrum für das geborgene Archivgut. Dort konnten sie sich einen Eindruck vom Ausmaß der Schäden verschaffen und Einblicke in die Organisation und Durchführung von Rettungsmaßnahmen in einem solchen Katastrophenfall erhalten.
Noch deutlicher als bisher sensibilisierten die Kölner Ereignisse die Öffentlichkeit für die Erfordernisse des Schutzes insbesondere unseres schriftlichen Kulturgutes. Zahlreiche Verbände, wie die "Allianz zur Erhaltung des schriftlichen Kulturerbes" oder der „Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V." fordern von den Archivträgern, dass die Erhaltung von Archivgut ein wichtiger Bestandteil ihrer Kulturpolitik sein muss.
Bereits der umsichtige und seiner kulturhistorischen Bedeutung angemessene Umgang mit dem Archivgut eines Gemeinwesens, einer Kommune oder einer Institution kann das Risiko für den Verlust von Kulturgut erheblich mindern. Erhaltungs- und Restaurierungsmaßnahmen kommt in diesem Zusammenhang eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu, angefangen von den räumlichen und klimatischen Bedingungen bis zu Sicherungs- und Erhaltungsmaßnahmen. Mit der Restaurierung von 33 Ratsprotokollbänden des 17. und 18. Jahrhunderts im vergangenen Jahr konnte das Zwickauer Stadtarchiv einen wichtigen Teilerfolg auf diesem Weg erzielen.