In Zwickau geplante Biogasanlage stößt auf breite Ablehnung
Der Oberbürgermeister informiert:
Gemeinsames Schreiben aller Fraktionsvorsitzenden und des OB an Regierungspräsident Nolze
In diesen Tagen hat den Chemnitzer Regierungspräsidenten Karl Nolze ein Brief aus Zwickau zur Genehmigung der Biogasanlage in der Nähe des Wohngebietes Neuplanitz erreicht. Das gemeinsame Schreiben der Vorsitzenden aller im Stadtrat der Stadt Zwickau vertretenen Fraktionen und des Oberbürgermeisters haben unterschrieben: Frank Seidel (CDU-Faktion), Bernd Meyer (DIE LINKE), Gabriele Friedrich (AG Zwickau), Jens Heinzig (SPD/Grüne), Dr. Carsten Schick (DSU/FDP) und Thomas Gerisch (Freie Wähler) sowie OB Dietmar Vettermann.
Darin bitten sie den Regierungspräsidenten „eindringlich, die getroffene Entscheidung des Regierungspräsidiums nochmals zu überdenken". Nach der Genehmigung der Biogasanlage durch das Regierungspräsidium seien „aus verschiedensten Richtungen Stimmen laut [geworden], die sich mit dieser Entscheidung nicht einverstanden erklären können." So hätten in einem Bürgerforum zum einen „die Neuplanitzer Bürger geschlossen ihren Unmut zum Ausdruck" gebracht und zum anderen die dort tätigen Wohnungsbaugesellschaften ihre Ablehnung zu diesem Projekt verdeutlicht.
Zunächst weisen die Unterzeichner „auf folgende fachliche Gründe gegen die Genehmigung einer Biogasanlage an diesem Standort" hin:- „Das Grundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines rechtsverbindlichen qualifizierten Bebauungsplanes … und nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles …. Das zur Bebauung vorgesehene Flurstück … ist im 1. Vorentwurf zum Flächennutzungsplan als »Flächen für die Landwirtschaft« dargestellt."
- „Es liegt in unmittelbarer Nähe zur Regionalbahnstrecke Zwickau-Falkenstein und der Umgehungsstraße »Am Flugplatz«. Der Abstand zwischen dem geplanten Bauvorhaben und der nächstgelegenen Bebauung des Wohngebietes »Sanierungsgebiet Neuplanitz« beträgt ca. 200 m."
- Daher richte sich die „planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens … nach § 35 BauGB – Bauen im Außenbereich. Dort ist ein solches Vorhaben „nur unter engen Voraussetzungen zulässig". Nach Ansicht der Verfasser sei jedoch eine „Privilegierung" in diesem Sinne (nach § 35 Abs. 1 BauGB) „nicht gegeben". Demzufolge müsse „das Vorhaben als »sonstiges Vorhaben« im Außenbereich beurteilt werden".
Ein sonstiges Vorhaben kann im Einzelfall nur dann zugelassen werden, wenn – neben der gesicherten Erschließung – dessen „Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt". Eine solche Beeinträchtigung liege hier jedoch vor, meinen die Autoren weiter und führen zwei Argumente an: Einerseits erfolge durch die Errichtung der Biogasanlage einschließlich der Erschließungsstraße sowie der Verlegung der Gasleitung ein Eingriff in Landschaft und Natur. Um deren Erholungswert für die Allgemeinheit zu erhalten, sei ein Außenbereich möglichst von Bebauung frei zuhalten und grundsätzlich gegenüber einer wesensfremden Nutzung zu schützen.Andererseits wird die „Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung" befürchtet. Doch „die Entwicklung unorganischer Siedlungsstrukturen oder die Zersiedlung des Außenbereichs" sei zu verhindern.
Das Wohngebiet Neuplanitz liegt östlich der geplanten Baumaßnahme und somit in der Hauptwindrichtung. Im möglichen Auftreten anlagebedingter Immissionen sehen die Unterzeichner einen weiteren, der Errichtung einer Biogasanlage klar entgegenstehenden Grund. Insofern befürchten sie „erhebliche Nachteile für den Stadtteil Neuplanitz und damit insgesamt für die Stadt Zwickau".
Weiter heißt es:„Es ist davon auszugehen, dass es zu Abwanderungserscheinungen bei den immerhin 10.000 direkt oder indirekt betroffenen Bürgerinnen und Bürgern dieses Stadtteils kommen dürfte. Die Folgen wären dramatische Auswirkungen auf die Entwicklung dieses Stadtteils. Die im vom Stadtrat beschlossenen und Ihnen vorliegenden Städtebaulichen Entwicklungskonzept (SEKo) beschriebenen Allgemeinen Entwicklungsziele werden damit erheblich gefährdet.
Aus diesem Grund kann nicht ausgeschlossen werden, dass die gezielte und im SEKo dargestellte Stadtentwicklung insgesamt betroffen sein wird." Daneben „sollte ebenso nicht außer Acht gelassen werden, dass zwei große Wohnungsunternehmen erhebliche Nachteile durch die geplante Anlage erleiden dürften". In Anbetracht der vielfältigen Nachteile richten die Kommunalpolitiker abschließend an Regierungspräsident Nolze die – oben bereits wiedergegebene – eindringliche Bitte zum Überdenken der Entscheidung des Regierungspräsidiums.